In Berlin wird zwar an Straßen gespart, nicht aber an Verkehrstafeln – wie etwa in der Platanenstraße.

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Wien/München – US-Präsident Donald Trump sagt es. Der Internationale Währungsfonds sagt es. Und außerhalb Deutschlands sagen es nahezu alle renommierten Ökonomen: Die Bundesrepublik investiert zu wenig, gibt zu wenig Geld für neue Straßen und Zugstrecken, die Renovierung von Schulen und Kindergärten, neue Kindergärten aus.

Das Münchner Ifo-Institut hat am Montag eine Analyse der deutschen Staatsausgaben über die vergangenen Jahre vorgestellt. Für ein deutsches Institut, das noch dazu konservativ orientiert ist, kommt die Analyse zu einem überraschend eindeutigen Ergebnis: Die Investitionsausgaben sind in der Bundesrepublik sowohl im historischen als auch im internationalen Vergleich niedrig.

Um die Investitionstätigkeit analysieren zu können, verwenden Ökonomen die sogenannte Nettoinvestitionsquote: Sie analysieren also, wie hoch die Investitionen in neue Straßen und Gebäude gemessen an der Wirtschaftsleistung waren. Davon wird dann der Wert der Abschreibungen auf den Bestand an öffentlichen Gütern abgezogen.

Stagnierende Nettoinvestitionsquote

Dabei zeigt sich, dass der deutsche Staat seit 1997, also seit 20 Jahren, nicht mehr zusätzlich investiert. Die gesamtstaatliche öffentliche Nettoinvestitionsquote stagniert bei null. Davor war sie leicht positiv, was mit zusätzlichen Ausgaben für die Infrastruktur der neuen Bundesländer erklärt wird. Gesamtstaatlich investiert die Bundesrepublik nur noch genauso viel, wie notwendig ist, um den öffentlichen Kapitalstock konstant zu halten. Das ist angesichts einer wachsenden Bevölkerung, des gestiegenen Bedürfnisses nach Mobilität und Ausbildung eine bemerkenswerte Entwicklung.

In einem zweiten Schritt hat das Ifo analysiert, wie Deutschland im internationalen Vergleich dasteht. Auch hier tut sich eine Lücke auf. Die Bundesrepublik wendet gemessen an der Wirtschaftsleistung deutlich weniger Mittel für investive Ausgaben auf als der OECD-Durchschnitt. Deutschland müsste pro Jahr etwa 30 Milliarden Euro mehr investieren, um den Stand anderer OECD-Länder zu erreichen. Das entspricht einer Erhöhung der Investitionsausgaben um 40 Prozent. In Österreich und der Schweiz liegt die Investitionsquote deutlich über jener der Bundesrepublik.

Schwarze Null ist unbeliebt

International wird die Untersuchung eine laufende Debatte befeuern. Seit Jahren wird Deutschland dafür kritisiert, dass das Land zu wenig ausgibt. Die vom Finanzministerium gefeierte schwarze Null ist nicht bei allen beliebt. Die deutschen Unternehmen exportieren viel, Deutschland erwirtschaftet hohe Leistungsbilanzüberschüsse. Dieses Milliardenplus wird aber nicht im Inland wieder ausgegeben – die Deutschen verborgen das Geld im Ausland oder sparen es an. Höhere Investitionen im Inland würden laut Ökonomen dafür sorgen, dass die gesamteuropäische Wirtschaftsleistung angekurbelt wird. Deutschland würde mehr Waren und Dienstleistungen einkaufen, wovon andere Länder profitieren könnten. (szi, 16.7.2018)