Wer sich ins offene Wasser traut, sollte gesund sein – und vorausplanen.

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Franziska Zoidl beschäftigt sich beruflich mit Fitness und Gesundheit. Das beeinflusst auch ihre Freizeitgestaltung.

Collage: Standard

Bei Schwimmen denken viele Menschen zuerst an chloriertes Wasser und streng abgesteckte Bahnen in Frei- oder Hallenbädern. Dabei erfreut sich das Freiwasserschwimmen, also das Schwimmen in Flüssen, dem Meer oder Seen, wachsender Beliebtheit, wie ein Sportwissenschafter erst unlängst im STANDARD-Interview sagte.

Auch in meinem Bekanntenkreis. Ich versuche einmal im Jahr mit Freunden und Familie durch den Attersee zu schwimmen. Das ist ein Ritual für uns. Aber keine Sorge: Wir queren ihn nicht der Länge nach – das wären dann nämlich 20 Kilometer –, sondern an einer schmalen Stelle von Nussdorf nach Alexenau. Für diese geschätzten zweieinhalb Kilometer nehmen wir uns Zeit. Es geht uns nicht darum, möglichst schnell auf der anderen Seite zu sein, sondern darum, dort als Gruppe anzukommen.

Ganz wichtig: Wer sich ins offene Wasser traut, muss vorausplanen. Wir sind auf dem Attersee immer mit zwei Begleitbooten unterwegs, die uns aufsammeln können, sollte uns die Kraft verlassen, ein Krampf einsetzen – oder uns das Wasser einfach zu kalt werden.

Neoprenanzüge für fast alle

Heuer war das Wetter nämlich nicht wirklich einladend. Die Sonne war weit und breit nicht zu sehen, am Vortag hatte es noch ordentlich geregnet. Mindestens 20 Grad müsste das Wasser für unser Vorhaben haben – das haben wir vorab ausgemacht. Am Tag X hatte es dann aber nur 19 Grad. Wir schätzten, dass wir etwa eineinhalb Stunden bei gemütlichem Schwimmen brauchen würden – und beschlossen, es trotzdem zu wagen. Der Großteil von uns borgte sich aber einen Neoprenanzug aus. Nur zwei besonders Hartgesottene verzichteten darauf.

Ob mit oder ohne Neopren: Der Einstieg ins Wasser vom Steg aus war schrecklich. Mich kostet es schon bei deutlich wärmeren Wassertemperaturen ordentlich Zeit und Überwindung, ins Wasser zu gehen. Hinter mir warteten an der Leiter aber schon die anderen. Also schnell tief Luft holen und hinein ins Wasser. Von Menschen, die es sich am Steg gemütlich gemacht hatten, ernteten wir mitleidige Blicke.

Dann setzten wir uns in Bewegung. Das bedeutete für die meisten von uns Brustschwimmen. Das andere Ufer schien sehr lange in sehr weiter Ferne. Was genau wir da drüben ansteuern sollten, wusste ich anfangs nicht einmal. Nur wenn ich mich umdrehte, sah ich, wie weit wir schon geschwommen waren. Langsam fand ich meinen Rhythmus.

Die Drop-out-Rate war heuer aber so hoch wie noch nie: Nach und nach sammelten die beiden Boote Schwimmer ein, denen es zu kalt wurde. Gestartet hatten wir zu zehnt, irgendwann waren wir nur noch zu fünft im Wasser – und etwa bei der Hälfte unserer Strecke angelangt.

Ziel vor Augen

Warum das Ganze? Der Linzer Sportmediziner Alfred Fridrik empfiehlt das Schwimmen ganz besonders Menschen mit Übergewicht und Gelenksproblemen. Das Freiwasserschwimmen sei allerdings nur für Gesunde ratsam. "Schwimmen ist ein Ganzkörpersport, bei dem alle Muskeln und das Herz-Kreislauf-System trainiert werden", so Fridrik.

Ein Nachteil sei in Österreich allerdings, dass das Erreichen des Schwimmbads oder des Badesees immer mit einem gewissen Aufwand verbunden ist – und das viele abschrecke. Dabei reiche es schon, im Wasser überhaupt in Bewegung zu kommen, so Fridrik, der beispielsweise auch Aquajogging empfiehlt. "Aber wenn man ein Ausdauertraining im Wasser machen will, dann muss man technisch schwimmen können."

Und mitunter kälteresistent sein. Wobei – kalt war mir irgendwann nicht mehr, aber meine Finger krampften ein wenig. Ich versuchte sie vorsichtig aufzudehnen und schaute mich zur Sicherheit nach unserem Begleitboot um. Aber irgendwann erkannte ich in der Ferne endlich den Steg, auf dem wir schon erwartet wurden.

Mit diesem Ziel vor Augen schwamm es sich plötzlich leichter. So wie geplant, kamen wir nach etwas weniger als eineinhalb Stunden an und wickelten uns sofort in trockene Handtücher. Und noch während wir uns langsam wieder aufwärmten, wussten wir: Nächstes Jahr werden wir den Attersee wieder queren – dabei aber auf wärmeres Wetter hoffen. (Franziska Zoidl, 22.7.2018)