Bild nicht mehr verfügbar.

Israels Premier Benjamin Netanjahu mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Am Mittwoch kam Netanjahu bereits zum dritten Mal in diesem Jahr nach Moskau.

Foto: AP/Yuri Kadobnov

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu ist in Moskau beinahe schon ein gewohnter Anblick: Das Treffen mit Präsident Wladimir Putin am Mittwoch war das dritte seit Jahresbeginn. Aber die Umstände waren diesmal besonders – und damit ist nicht das WM-Spiel England gegen Kroatien gemeint, zu dem Putin Netanjahu für den Abend eingeladen hatte.

Die spezielle Brisanz kam vom bevorstehenden Treffen Putins mit US-Präsident Donald Trump am kommenden Montag, anlässlich dessen sich manche Beobachter gar in historische Vergleiche versteigen: Aber Helsinki ist nicht Jalta, Putin ist nicht Stalin, Trump ist schon gar nicht Roosevelt (und ein Churchill fehlt überhaupt). Manche Beobachter erwarten sich jedoch zumindest eine Vorentscheidung zur Neuordnung Syriens – eine Frage, die die ureigensten Interessen Israels betrifft.

Entflechtung von 1974

Dazu passend ist der zweite besondere Umstand des Treffens, dass die Truppen Bashar al-Assads dabei sind, auch den Südwestens Syriens zurückzuerobern, die Golanhöhen. Netanjahu hat in den vergangenen Wochen wiederholt gefordert, dass sich das syrische Militär an das israelisch-syrische Entflechtungsabkommen von 1974 (nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973) halten muss, das heißt, nicht in die von der Uno überwachten Zone östlich des von Israel besetzten beziehungsweise annektierten Teils der Golanhöhen eindringen soll.

Das widerspricht natürlich der syrischen Absicht, auch noch dieses Gebiet den verbliebenen Rebellen und teils radikalen Gruppen abzunehmen, womit sich ja Israel im Prinzip abgefunden hat. Deshalb wurde damit gerechnet, dass es zu einer russisch vermittelten Lösung zwischen Israel und dem Assad-Regime kommt, was mit den Rebellen in diesem Streifen geschieht.

Aber Russland hat, wenn die Berichte stimmen, nicht einmal das angebliche Versprechen an Israel eingehalten, die Iraner und ihre Hilfsmilizen 80 Kilometer von der israelischen Grenze fernzuhalten. Laut diesen – nicht unabhängig bestätigten – Berichten sind Kämpfer der libanesischen Hisbollah und eine unter iranischem Kommando stehende schiitische Miliz an den Kämpfen in der Provinz Daraa beteiligt. Und der russische Außenminister Sergej Lawrow hat zuletzt auch klargemacht, dass es unrealistisch sei, anzunehmen, dass die Iraner – die wie Russland zum Sieg Assads beigetragen haben – aus Syrien völlig verschwinden.

Netanjahu hat vor seiner Moskau-Reise erneut verlangt, dass die Iraner sich nicht nur von der israelischen Grenze fernhalten, sondern überhaupt aus Syrien abziehen. Ein israelischer Angriff von Sonntagnacht auf einen Luftwaffenstützpunkt bei Homs wird als "strategische Botschaft" Netanjahus an Putin bezeichnet. Bei Putin erinnerte er auch daran, dass die israelische Armee erst wenige Stunden zuvor eine aus Syrien eingedrungene Drohne abschoss. Putin wiederum sollte ebenfalls am Mittwoch oder am Donnerstag Ali Akbar Velayati empfangen, den Berater des geistlichen Führers des Iran, Ali Khamenei.

Ob Russland wirklich in der Lage ist, dem Iran anzuschaffen, was er tun und lassen soll, dazu gehen die Meinungen auseinander. Die äußerst prekäre Lage des Iran nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomdeal würde Moskau ein Druckmittel verschaffen. Umgekehrt könnte Putin bei Trump eine US-Mäßigung bei neuen Iran-Sanktionen heraushandeln, wenn der Iran Syrien aufgibt.

Kuhhandel

Wahrscheinlich ist das alles jedoch nicht. Selbst wenn Teheran bereit sein würde, sich aus Syrien zurückzuziehen – aus iranischer Hardlinersicht eine strategische Selbstaufgabe -, so würden die USA und Israel mit so einem Kuhhandel ihren mit großem Einsatz gefahrenen Kurs in Sachen Atomabkommen völlig konterkarieren.

Durch einen Bericht des New Yorker haben die Spekulationen über einen möglichen "Deal" – bekanntlich ein Lieblingswort Trumps – neuen Auftrieb erhalten. Demnach hätten Israel und seine zwei engsten arabischen Partner in der Anti-Iran-Front, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, bereits 2016 die Idee geboren, dass man diesen mit Putin auf folgender Basis zusammenbringen könnte: Trump solle Putin anbieten, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt verhängten Sanktionen aufzuheben, wenn dafür Russland dafür sorgen würde, dass die Iraner aus Syrien abziehen. Ein Deal auf europäischem Rücken – den jedoch kaum jemand für realistisch hält. (Gudrun Harrer, 11.7.2018)