Vieles erinnert an Bilder, wie sie die Welt erst vor einigen Wochen gesehen hat: Zwei Staatschefs tief verfeindeter Länder treffen einander plötzlich und relativ ansatzlos zu Gesprächen. Der Empfang ist geradezu freundschaftlich, es gibt Jubel auf den Straßen und ungläubige Blicke unter Experten, die gerade noch vor Krieg gewarnt hatten. Was den Gipfel zwischen Äthiopiens Premier Abiy Ahmed und Eritreas Präsident Isaias Afewerki am Sonntag vom Treffen US-Präsident Donald Trumps mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un unterschied: Er fand, zumindest weitgehend, im medialen Schatten statt.

Freilich, keiner der beiden Staaten hat Atomwaffen und Europa ist vom Konflikt nicht betroffen. Könnte man meinen. Aber: Gerade der annähernde Kriegszustand war es, der eine halbe Million Eritreer vor dem Zwangsdienst in der Armee und tausende Äthiopierinnen und Äthiopier vor Hungersnöten flüchten ließ. Eine Beilegung des Konflikts wäre eine jener Maßnahmen, die in Europa unter "Bekämpfung von Fluchtursachen" firmieren.

Ob es dazu wirklich kommen wird, ist unsicher. Dafür spricht, dass keiner der Beteiligten Trump ist, der unvorbereitet in sein Treffen mit Kim ging. Im Gegenteil: Abiy und Afewerki wissen, was auf dem Spiel steht, keiner der beiden sieht das Gespräch als reine PR. Unsicher ist aber, ob sie den eigenen Sicherheitskreisen Zugeständnisse zumuten können – das verbindet sie mit Kim und Trump. (Manuel Escher, 8.7.2018)