Wien – Mit 1. Juli gilt in der EU ein erneuertes Reisevertragsrecht für Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, das in Österreich mit einem eigenen Pauschalreisegesetz (PRG) aber nur zum Teil rechtzeitig umgesetzt wurde. Die vollharmonisierende Reise-Richtlinie von 2015 war von den Mitgliedstaaten bis 31. Dezember 2017 in nationales Recht umzusetzen und ab 1. Juli 2018 auf neu geschlossene Verträge anzuwenden.

Was in Österreich noch fehlt, ist die Umsetzung der neuen Insolvenzabsicherung für Anbieter von Reiseleistungen. Dies ist mittels nationaler Verordnung basierend auf der Gewerbeordnung (GewO) geplant. Auch bisher war das Reisevertragsrecht zum Teil im Rahmen zweier Verordnungen über die Insolvenzabsicherung und die Ausübungsvorschriften für Reisebüros geregelt. Erst Ende Juni wurde nun noch eine Novelle zur GewO im Parlament verabschiedet, die die Ermächtigung für die geplante Verordnung enthält. Diese soll ihrerseits den Insolvenzschutz für Kundengelder von Reiseveranstaltern (ca. 730) und Vermittlern verbundener Reiseleistungen (ca. 700) mit Sitz in Österreich und außerhalb des EWR (z. B. Türkei), die in Österreich Kunden ansprechen, umsetzen.

Der Entwurf dieser Pauschalreiseverordnung (PRV) war bis vergangene Woche in Begutachtung und sieht eine Insolvenzabsicherung von Anzahlungen bis maximal 20 Prozent des Reisepreises für Pauschalreisen und die neu eingeführten verbundenen Reiseleistungen vor, was die Prämien verteuern und den Kreis der Absicherungspflichtigen deutlich vergrößern wird. Bisher betrug die Anzahlung je nach Versicherungssumme zehn oder 20 Prozent. Ein entsprechendes Verzeichnis für "Reiseleistungsausübungsberechtigte" wird im Rahmen des seit 1. Mai frei zugänglichen Gewerbeinformationssystems Austria (GISA) eingerichtet. Für bisher schon eingetragene Gewerbetreibende gibt es eine Übergangsfrist bis längstens 31. Jänner 2019.

Was in Österreich noch fehlt, ist die Umsetzung der neuen Insolvenzabsicherung für Anbieter von Reiseleistungen.
Foto: APA/EXPA/THOMAS HAUMER

Eine weitere GewO-Novelle hat bereits im August 2017 Gastronomen berechtigt, als Reiseveranstalter tätig zu sein, wenn sie neben der Unterbringung auch Liftkarten, Ausrüstungsverleih, Führungen, Eintrittskarten, Wellnessbehandlungen oder Tagesausflüge anbieten; auch diese rund 1800 Hoteliers werden sich nach Inkrafttreten der PRV in das Veranstalterregister eintragen lassen und eine Insolvenzabsicherung nachweisen müssen.

Probleme in der Praxis

Die beiden bisherigen Verordnungen über die Insolvenzabsicherung und die Ausübungsvorschriften für Reisebüros sollen erst mit Inkrafttreten der PRV aufgehoben werden, obwohl das PRG schon seit 1. Juli anwendbar ist. Das zieht Probleme in der Praxis nach sich: Die Informationspflichten sind noch in den Ausübungsvorschriften geregelt, ebenso die Prospektangaben mit Verpflichtung zu Klarheit und Wahrheit, sowie bis zu deren Aufhebung parallel nach neuem Konzept auch im PRG. Regelungen zu den Allgemeinen Reisebedingungen (ARB 1992) – halbzwingende Geschäftsbedingungen, die von allen Veranstaltern abgedruckt und deren Abweichungen kenntlich gemacht werden mussten – und zur Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens sowie zur Black List mit unsicheren Fluglinien finden sich im Entwurf der PRV gar nicht mehr. Bis zu ihrem Inkrafttreten gelten dennoch auch die ARB-Regeln weiter, obwohl sie mit dem neuen PRG kaum kompatibel sind; Übergangsbestimmungen für bereits gedruckte Reisekataloge sind im Entwurf nicht vorgesehen.

Aus diesen Überschneidungen ergeben sich nicht nur Rechtsunsicherheiten für die Rechtsanwender, sondern auch ein weiteres Risiko. 1999 wurde Österreich in der Rechtssache Rechberger bereits einmal vom EuGH wegen verspäteter Umsetzung des Insolvenzschutzes bei Reiseverträgen zu Schadenersatz aus Staatshaftung verurteilt; nun könnte das Missachten des europaweiten Anwendungsdatums am 1. Juli erneut zu einer Haftung führen, die man leicht hätte vermeiden können. (Stephan Keiler, 16.7.2018)