Rudern zählt zu den Low-Impact-Sportarten, ist also besonders gelenkschonend.

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"Am Wasser rudern ist auch gut für den Geist", sagt der Sportmediziner.

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Franziska Zoidl beschäftigt sich beruflich mit Fitness und Gesundheit. Das beeinflusst auch ihre Freizeitgestaltung.

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Wassersportarten haben im Sommer sehr offensichtliche Vorteile. Und wahrscheinlich gibt es nirgends eine größere Auswahl an unterschiedlichen Sportarten als in Wien. An warmen Tagen pilgern die Menschen an die Gewässer der Stadt, um dort zu schwimmen, Wasserski zu fahren oder Stand-up-Paddling auszuprobieren.

Ich hingegen will rudern. Gemeinsam mit drei Freunden habe ich vor kurzem einen Anfängerkurs bei einem der Rudervereine an der Alten Donau begonnen. Denn Rudern, so heißt es oft, ist der gesündeste Sport überhaupt – es wird so gut wie jede Muskelgruppe trainiert, außerdem die Ausdauer und die Koordination geschult.

Meine Freunde und ich stehen allerdings noch ganz am Anfang. Was uns schon zu Beginn der Schnuppereinheit klar wurde: Was bei Profis mühelos ausschaut, ist eine koordinative Meisterleistung.

Zwar wird beim Rudern immer die gleiche Bewegungsabfolge wiederholt, aber diese Bewegung muss daher auch sehr korrekt ausgeführt werden, sonst beginnt nach spätestens tausend Wiederholungen der Rücken zu schmerzen.

Auch der Sportmediziner Robert Fritz von der Sportordination empfiehlt, sich die Technik vorab von einem Profi zeigen zu lassen. Ein großer Vorteil des Ruderns ist für ihn, dass es dabei – im Gegensatz zu Sportarten wie dem Laufen – keinen Aufprall gibt und Rudern damit zu den gelenkschonenden Low-Impact-Sportarten zählt. Auch das Verletzungsrisiko ist gering. Anfängern rät Fritz aber dazu, es nicht zu übertreiben, sonst drohen Überlastungen wie Sehnenansatzentzündungen.

Im Trockenen bleiben

Wir gingen beim Rudertraining auf Nummer sicher und machten ein Trockentraining: Im Vereinshaus stehen Ruderergometer, die wir aus dem Fitnessstudio kannten. Hier wurde uns der exakte Bewegungsablauf beim Rudern erklärt – und Fehler gleich einmal ausgebessert. Der Rücken bleibt gestreckt, die Beine stoßen sich ab, erst am Ende der Bewegung werden die Arme langsam an den Körper gezogen. Dann rollt man wieder nach vorne.

Ein Ruderergometer ist auch für jene, die keinen Ruderverein in der Nähe haben, eine gute Option. Laut Sportmediziner Fritz wird dabei aber die Koordination nicht geschult: "Die instabile Komponente fehlt im Fitnessstudio."

Und, das bemerkte ich schnell, am Ruderergometer wird es schnell fad. Auch Sportmediziner Fritz kennt die Unterschiede zwischen dem Trockentraining und dem Rudern am Wasser: "Am Wasser rudern ist auch gut für den Geist."

Angst vor dem Kentern

Nach der Einführung ging es für uns endlich in die Bootshalle, wo an den Wänden die unterschiedlichsten Ruderboote befestigt sind. Sie schauen erschreckend schmal aus – würden wir das Gleichgewicht überhaupt halten können? Und wie bitte sollten wir überhaupt in diese Boote reinkommen, ohne sie zum Kentern zu bringen? Unser Trainer beruhigte uns: Anfänger üben in einem breiteren Boot.

Das riesengroße, aber überraschend leichte Boot trugen wir – unter fachkundiger Anleitung – also aus der Bootshalle und ließen es ins Wasser. Nach den letzten Vorbereitungen saßen wir schließlich zu viert hintereinander im Boot und hielten zum ersten Mal unsere Ruder in beiden Händen. Wir stießen uns ab – und waren schon mitten auf der Alten Donau.

Aber Bewegungsabläufe, die gerade eben am Ruderergometer noch so logisch erschienen waren, fühlten sich plötzlich sehr kompliziert an. Einer nach dem anderen machten wir die Übungen jetzt vor und versuchten, das Boot damit in Bewegung zu bringen. Dabei kam es durchaus zu unerwarteten Komplikationen: Die Knie waren plötzlich den Armen im Weg, das Ruder verfehlte das Wasser, das Boot kam ins Schwanken. Gut, dass unser Trainer mit an Bord war.

So etwas wie Synchronität

Er erklärte uns auch, was zu tun war, wenn das Boot ins Wanken kam: Die Ruder müssen dann flach aufs Wasser gelegt werden, um das Boot zu stabilisieren. Ich war die Schlagfrau, saß also ganz vorne und gab das Tempo vor. Die anderen mussten sich anpassen. Das bedeutete aber auch: Kam ich aus dem Takt, weil ich kurz unkonzentriert war oder weil ich am Ende des Durchzugs zu schnell nach vorne rollte, brach hinter mir Chaos aus.

"In Auslage gehen", sagte unser Trainer immer zu Beginn unserer Ruderversuche. Das ist Rudersprech und bedeutet: Die Knie sind angewinkelt, die Arme gestreckt, der Oberkörper gerade nach vorne gebeugt. Wir waren in Startposition. Auf "los" begannen wir zu rudern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit und vielen wild schwankenden Misserfolgen war da plötzlich so etwas wie Synchronität. So fühlte es sich zumindest an. Das Boot glitt fast lautlos und überraschend schnell über die Wasseroberfläche, die Sonne schien, die Menschen am Ufer schienen ganz weit entfernt. Ich lächelte, so schön fühlte sich das an. Und auch wenn ich meinem Team den Rücken zuwandte, wusste ich, dass sie ähnlich fühlten. (Franziska Zoidl, 15.7.2018)