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Zwischen Seehofer (li.) und Merkel passt dieser Tage mehr als ein Blatt Papier.

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Eine Liebesehe war sie nie. Doch nun hat ausgerechnet die Koalition, die Deutschland stabil halten sollte, das bedeutendste Land Europas bedenklich in Schieflage gebracht. Sie, namentlich ihr christlich-sozialer Teil, nimmt dabei in Kauf, dass der innerdeutsche Streit rund um Transitzentren und Zurückweisungen auf ganz Europa überschwappt – als Erstes auf Österreich. Die Regierung der ohnehin bloß noch nominell großen Koalition aus CDU, CSU und SPD gibt ein verheerendes Bild ab, nach innen wie nach außen. Der Eindruck bei zumindest einem Teil der Bevölkerung, die Politiker spielten mit ihr ein böses Spiel um die persönliche Profilierung zweier Alphatiere, ist schwer zu widerlegen.

Eine echte und nachhaltige Lösung scheint jedenfalls nicht erreicht. Weder wurden die von Innenminister Horst Seehofer geforderten – und teils durchaus opportunen – Zurückweisungen an der Grenze durchgesetzt, noch erhält Kanzlerin Angela Merkels europäische Lösung eine echte Chance. Die Kanzlerin, deren Flüchtlingspolitik von weiten Teilen der CDU seit Monaten höchstens noch geduldet wird, bekommt ihren Innenminister nicht in den Griff. Dieser wieder strauchelt über den Begehrlichkeiten aus Bayern, wo sich die CSU seiner bediente, um das Schreckgespenst Alternative für Deutschland (AfD) bei der nahenden Landtagswahl in Schach zu halten.

Gescheiterte Inszenierung

Denn die Inszenierung des widerständigen Bayern als Retter der deutschen Nation ist gescheitert. Was bleibt, ist teure Symbolpolitik, ein Theater, das den verunsicherten Deutschen vorgaukeln soll, ihr Staat habe die Kontrolle wiedererlangt. Kontrolle über Flüchtlingsströme, die er 2015 aus der Hand gegeben hat – und jetzt, koste es was es wolle, an sich reißen will, obwohl es dazu im Gegensatz zu damals keine Notwendigkeit gibt.

So schiebt die nominell große Koalition die Probleme nur auf – und gleichzeitig ab, nach Österreich nämlich, das auf das deutsche Chaos reagieren muss und dies zugleich für die eigene Inszenierung zu nutzen weiß, Stichwort "Schutz unserer Südgrenzen".

Er stehe der Bevölkerung im Wort, begründete Seehofer vergangene Woche seinen Aufschrei rund um die Asylpolitik der Bundesregierung. Von welcher Partei die CSU, die die Ängste ebenjener Bevölkerung vor einer Wiederholung der weitgehend unkontrollierten Zuwanderungsbewegung 2015 für ihre Zwecke missbraucht, am Ende erst recht deklassiert werden dürfte, ist für den gelernten Österreicher so schwer nicht zu prognostizieren.

Das politische Kleingeld, das sich die CSU von dem rechten Aufstand gegen Merkel versprach, es dürfte in den Säckel der AfD wandern. Mit so wenig Liebe kommt nämlich auch die beste Zweckehe nicht aus. (Florian Niederndorfer, 3.7.2018)