Schildbürger, auch weil sich einiges ändert im heimischen Schilderwald.

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Die Regierung ist gerade dabei, ihre Wahlkampfversprechen einzulösen. Sie hat ihr Ohr dicht am Stammtisch. Das wäre grundsätzlich sogar gut. Denn zu erfahren, was das Volk meint und was es will, sollte ja in einer Demokratie ein laufender Prozess sein.

Nüchterne Prüfung

Allerdings müsste auf die Erkundung des Volksdenkens noch eine nüchterne Prüfung erfolgen, ob die spontane Stammtischmeinung, die nicht selten aus dem (Bier-)Bauch kommt, auch mit den übergeordneten, in den vergangenen Jahrzehnten mühsam erkämpften Werten und Zielen der Gesellschaft zu vereinbaren ist. Zum Beispiel, wenn alle so schnell fahren würden, wie sie wollen, hätten wir ein nie dagewesenes Gemetzel auf den Straßen. Von Alkohollimit-Diskussionen wollen wir gar nicht erst reden.

Natürlich wäre eine Abschaffung der Tempo- oder Alkohollimits fatal. Deshalb macht man eben "Schwachsinn light". Zum Beispiel Anhebung des Geschwindigkeitslimits auf wenigen Autobahnteilstücken auf 140 km/h. Wozu? Schadet der Umwelt und verwirrt nur, weil wir im permanenten Schilderwald ohnehin sehr oft nicht mehr wissen, wie schnell wir gerade fahren dürfen.

Unvertretbare Ausnahmen vom Lufthunderter

Oder: Ausnahme für Elektroautos vom Lufthunderter. Das ist weder aus Schadstoffsicht noch aus kolonnendynamischer vertretbar. Elektroautos wirbeln genauso Staub auf, und wenige Autos, die deutlich schneller fahren als alle anderen, stellen ein enormes Risiko dar (außerdem fahren E-Autos von vornherein selten schneller, weil bei über 100 km/h die Reichweite extrem schrumpft).

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Volk am Stammtisch mit Pseudodiskussionen abgelenkt werden soll, damit für die wirklich kritischen Fragen keine Kraft bleibt. (Rudolf Skarics, 11.7.2018)