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Zahlreiche Holocaustgedenkstätten, so auch Yad Vashem in Jerusalem, könnten diesen Herbst vergeblich auf Gedenkdiener aus Österreich warten.

Foto: REUTERS/Ronen Zvulun

Das Anne-Frank-Haus in Amsterdam, die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, das Leo-Baeck-Institut in London oder das United States Holocaust Memorial Museum in Washington: Das sind nur einige von zahlreichen Institutionen, die schon ab Herbst vergebens auf 21 junge Mitarbeiter aus Österreich warten könnten. Es geht um Gedenkdiener, die vom Verein Gedenkdienst jedes Jahr ausgewählt und entsandt werden, um im Ausland ihren Zivildienst zu leisten.

Seit 1992 gibt es diese Möglichkeit für junge Österreicher, aktiv an der Aufarbeitung der belastenden Geschichte der Republik mitzuarbeiten. Nicht nur in Institutionen und Museen oder Gedenkstätten wie jener in Auschwitz (Oświęcim) in Polen, auch in Altersheimen, in denen Holocaustüberlebende leben, arbeiten die Gedenkdiener.

Eltern zahlen Gedenken

Schon vor drei Wochen warnte der Obmann des Vereins Gedenkdienst, Michael Spiegl, davor, dass man möglicherweise 2019 erstmals keine Gedenkdiener mehr entsenden können werde, weil die Förderungen nicht ausreichten – derStandard.at berichtete. Denn schon bisher reichten die 720 Euro monatlich, mit denen Unterbringung, Verpflegung und Anreise finanziert werden müssten – vor allem in Städten wie New York, Washington und Tel Aviv nicht aus. Zivildiener, die sich für diesen Dienst bewerben, können dies nicht ohne tatkräftige finanzielle Unterstützung ihrer Familien tun.

Zwar gab es im Herbst 2017 einen Beschluss im Parlament, mit dem die Förderungen für die betroffenen Vereine, das ist neben dem Verein Gedenkdienst auch der Verein Österreichischer Auslandsdienst, von 720.000 auf 1,2 Millionen Euro aufgestockt wurden, doch das änderte am Geld pro Kopf nichts. Denn seit 2016 können auch Frauen mit gleichen Rechten und Bedingungen einen finanziell geförderten Gedenkdienst im Rahmen des Freiwilligengesetzes absolvieren.

Das heißt, es gibt nun mehr Gedenkdienstleistende, aber nicht mehr Geld für die einzelnen Personen. Dies obwohl im Zuge der Aufstockung versprochen wurde, dass es pro Kopf eine Verbesserung geben werde. Aus dem Büro der zuständigen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hieß es dazu auf STANDARD-Nachfrage lediglich, dass für mehr Geld eine neuerliche Gesetzänderung nötig sei. Diese voranzutreiben scheint aber kein dringliches Anliegen der Regierung zu sein.

Offenlegung gefordert

Im Gegenteil. Die Situation habe sich laut Spiegl in den letzten Wochen sogar "noch dramatisch zugespitzt". Ein Beamter im Sozialministerium fordert nämlich die Offenlegung aller 450 Mitglieder des Vereins, wovon der Anwalt des Vereins in einem Gutachten dringend abrät. Das sei im Sinne des Datenschutzes gesetzeswidrig. Auch ist nicht klar, was die Regierung mit den Namen der Unterstützer will. Jene des zwölfköpfigen Vorstands sind ohnehin offengelegt. Gegenüber Spiegl argumentierte man damit, dass die "wirtschaftliche Kompetenz" der Träger geprüft werden müsse. "Aber wie will man die anhand von Namen prüfen", fragt Spiegl, der das "als Schikane empfindet".

Ohne Offenlegung will das Ministerium den Verein aber nicht als solchen anerkennen. Das würde bedeuten, dass nicht erst 2019, sondern schon diesen August 2018 Gedenkdiener, die bereits ausgewählt wurden, nicht anreisen werden. "Das ist auch gegenüber der Einsatzstellen, die mit unseren Leuten rechnen, ein großes Problem", erklärt Spiegl.

Verein Österreichischer Auslandsdienst macht weiter

Den Verein Österreichischer Auslandsdienst betreffe dies nicht, so Spiegl, weil der weniger Mitglieder hat und die auch alle im Vorstand sind – und dieser eben ohnehin offen gelegt ist. In einem Schreiben an den STANDARD am Samstag betont der Gründer und Vorsitzende des Vereins Österreichischer Auslandsdienst, Andreas Maislinger: "Obwohl es für uns finanziell natürlich auch sehr schwer ist, denkt der Verein Österreichischer Auslandsdienst jedoch nicht ans Aufhören. Im Gegenteil! Auf Einladung der Israeli Volunteer Assocation wollen wir nächstes Jahr bis zu 20 Auslandsdienerinnen nach Israel senden."

Der Beamte selbst sagt auf STANDARD-Nachfrage, er selbst dürfe das nicht kommentieren und verweist auf die Pressestelle des Ministeriums. Auf die Frage, was man mit den Namen der Unterstützer anfangen will und ob man sich des Datenschutzes bewusst ist, hieß es aus dem Büro der Sozialministerin lediglich: "Zu laufenden Prozedere geben wir keine Auskunft." (Colette M. Schmidt, 30.6.2018)