Gesellschaftliche Akzeptanz wird nur mit Aufklärung erreicht werden können.

Foto: APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

Es gibt das Recht, sich als intergeschlechtliche Person offiziell weder als Mann noch als Frau deklarieren zu müssen. Das stellte der Verfassungsgerichtshof nach Prüfung des Personenstandsgesetzes fest. In Anlehnung an die Europäische Menschenrechtskonvention bestehe ein "Recht auf individuelle Geschlechtsidentität" – und diese soll sich auch in Urkunden widerspiegeln können.

Das bedeutet ein Ende der staatlichen Bevormundung jener Menschen, deren Geschlecht weder eindeutig weiblich noch eindeutig männlich ist. Wurde bisher das Programm "Aus den Augen, aus dem Sinn" gefahren, wird nun die Lebensrealität intergeschlechtlicher Personen nicht länger ignoriert. Denn gegeben hat es diese Menschen freilich schon, bevor der Verfassungsgerichtshof ihr "Recht auf individuelle Geschlechtsidentität" bestätigte.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Veränderung durch das Höchstgericht angestoßen werden musste: Auch der Zugang zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurde auf diese Weise erzwungen. Es ist also ein weiteres Mal eine juristische Entscheidung, die der österreichischen Gesellschaft Fortschritt abverlangt. Zweifelsohne ist es schade, dass dieser nicht durch einen politischen Prozess erreicht werden konnte. Freuen darf man sich erst einmal trotzdem, weil es ohnehin noch genug zu tun gibt: Gesellschaftliche Akzeptanz wird nur mit Aufklärung erreicht werden können – und nicht allein per Erkenntnis eines Höchstgerichts. (Vanessa Gaigg, 29.6.2018)