Der Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Peter Gridling und die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit Michaela Kardeis präsentierten den Verfassungsschutzbericht 2017 im Innenministerium in Wien.

APA/EXPA/Michael Gruber

Wien – Die Zahl der extremistisch motivierten Taten ist stark zurückgegangen. Das zeigt der am Donnerstag präsentierte Bericht des österreichischen Verfassungsschutzes aus 2017. Die größte Gefahr für die Sicherheit gehe nach wie vor vom islamistischen Extremismus aus, sagte der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling. Obwohl es weniger österreichische Jihad-Reisende gebe, bestehe "kein Grund zur Entwarnung". Konkrete Pläne für Anschläge wurden zwar nicht aufgedeckt, doch stelle der ständig wechselnde "Modus Operandi" die Behörden vor Herausforderungen.

311 wollten in Krieg ziehen

Bis Jahresende 2017 wusste man von insgesamt 313 Personen aus Österreich, die als Kämpfer in syrische oder irakische Kriegsgebiete gereist sind oder eine Reise geplant hatten. 59 von ihnen wurden an der Ausreise gehindert, 55 sind "mit höchster Wahrscheinlichkeit im Kriegsgebiet getötet worden", sagte Michaela Kardeis, Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit im Innenressort. 105 Personen seien weiterhin im Ausland, 94 der "Foreign Fighters" seien nach Österreich zurückgekommen. Die Rückkehrer würden weiter als "erhebliches Bedrohungspotenzial" angesehen. 32 befinden sich in Haft.

In den vergangenen Monaten wurden keine Reisen nach Syrien oder in den Irak mehr registriert. Das führe das BVT auf die militärischen Niederlagen und den "Verlust an Attraktivität" des IS zurück, so Kardeis. Auch präventive Maßnahmen würden wirken. Kardeis kündigte einen diesbezüglichen Gipfel im Oktober an.

Ein Drittel weniger linksextreme Taten

Stark verringert haben sich im vergangenen Jahr die linksextrem motivierten Tathandlungen: Ihre Zahl ist von 383 (2016) um 44,9 Prozent auf 211 gesunken. Das führte vergangenes Jahr zu 307 Anzeigen – um ein Drittel weniger als 2016, als es 463 Anzeigen gewesen waren. Zehn Prozent der Tathandlungen waren gegen Personen gerichtet. Das Gros (188) entfiel auf Sachbeschädigungen.

31,3 Prozent der linksextrem motivierten Handlungen im Jahr 2017 seien im Zuge des Nationalratswahlkampfes registriert worden. "Wahlkampf ist immer eine Zeit, in der es zu Sachbeschädigungen kommt", kommentierte Gridling. Heuer befürchtet der BVT wegen der EU-Präsidentschaft Österreichs wieder einen Anstieg. Die fünf großen EU-Gipfel hat das BVT mit den höchsten der drei Gefährdungsstufen bewertet, auch bei kleineren Veranstaltungen würde man sich auf linksextreme Proteste und die Gefahr der Ausspähung durch ausländische Nachrichtendienste vorbereiten.

Rückgang bei Rechtsextremen

Einen Rückgang gab es im vergangenen Jahr auch bei rechtsextrem motivierten Tathandlungen, allerdings einen geringeren – und dies auf einem höheren Niveau. Sie sanken von 1313 (2016) um 19 Prozent auf 1063 und resultierten in 1576 Anzeigen (2016: 1867).

798 der Anzeigen wurden wegen eines Verstoßes gegen das Verbotsgesetz erstattet. Zu 68 Anzeigen kam es wegen anderer Verstöße, wie beispielsweise gegen das Abzeichen- oder das Waffen gesetz. 710 Anzeigen erfolgten wegen eines Verstoßes gegen das Strafgesetz, 293 davon wegen Sachbeschädigung, 259 wegen Verhetzung. Ein eigenes Kapitel des Berichts wurde neuerlich den Identitären gewidmet.

"Im Auge behalten" müsse man Versuche in Österreich lebender Türken, für die Politik in der Türkei zu mobilisieren, betonte Gridling. Denn dies führe zu Spannungen, "die das Zusammenleben in Österreich auf keinen Fall erleichtern". (Oona Kroisleitner, 28.6.2018)