Gänserndorf – Die Zukunft der ehemaligen Synagoge in Gänserndorf hängt nun von Fristen, Prüfverfahren und Abbruchbescheiden ab. Der Abriss des Hauses kann laut der Stadt frühestens in drei Wochen beginnen, bis dahin prüft das Denkmalamt, ob "Gefahr in Verzug" ist und das Gebäude unter Schutz gestellt wird.

Der Bürgermeister der Stadt nordöstlich von Wien, René Lobner (ÖVP) möchte das desolate Gebäude ja schleifen lassen, um zentrumsnahe Parkplätze zu schaffen – DER STANDARD berichtete. Die Israelitische Kultusgemeinde, die Grünen und die Historikerin Ingrid Oberndorfer protestieren dagegen.

Schnellverfahren wegen "Gefahr in Verzug"

Oberndorfer wandte sich mit dem Anliegen auch an Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dessen Büro reagierte in einem Antwortschreiben, das Oberndorfer auf Facebook veröffentlichte: Man habe Kontakt mit dem Bundesdenkmalamt aufgenommen. Das bestätigt dessen Präsidentin Barbara Neubauer im Gespräch mit dem STANDARD.

Und: Das Amt könnte den Abriss des Hauses, in dem derzeit das Jugendzentrum der Stadt untergebracht ist, tatsächlich noch verhindern. Dann nämlich, wenn der Sachverständige des Denkmalamts "Gefahr in Verzug" feststellt. In diesem Fall werde das Haus "von heute auf morgen" geschützt, erklärt Neubauer – ein reguläres Verfahren zieht sich oft über Monate. Neubauer will der Prüfung aber keinesfalls vorgreifen. "Ich freue mich, dass das Bundesdenkmalamt so schnell reagiert", sagt Historikerin Oberndorfer.

"In keinster Weise erhaltenswürdig"

Laut Bürgermeister Lobner besteht jedenfalls ein gültiger Abbruchbescheid, eine Firma sei bereits mit dem Schleifen beauftragt. Sie brauche allerdings drei bis vier Wochen Vorlaufzeit. Gut möglich also, dass der Abbruch noch verhindert wird.

Dass das Denkmalamt bis dato noch keinen Kontakt mit ihm aufgenommen hat, findet Lobner "ein Stück weit eigenartig". Der Bürgermeister zeigt sich aber zuversichtlich, dass auch das Denkmalamt zum Schluss komme, "dass dieses Gebäude in keinster Weise erhaltenswürdig ist" – eine Meinung, die Lobners Ansicht nach die Mehrheit der Gänserndorfer teilen würde. (Sebastian Fellner, 28.6.2018)