Könnte in einigen Jahren zurückkehren: Strolz.

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Wien – Der frühere Neos-Parteichef und Listengründer Matthias Strolz schließt eine Rückkehr in die Politik nicht aus.

Er übergebe seine Führungsrolle jetzt guten Gewissens, weil er wisse, "dass es mit den Neos gut weiter geht und dass die neue Führung unter Beate Meinl-Reisinger der Schlüssel zu mehr Stärke sein wird", so Strolz im APA-Gespräch.

Wenn er geblieben wäre, hätte er sich für weitere sieben Jahre verpflichten müssen, "an vorderster Front weiterzuziehen ohne Pause". "Dann wären meine Kinder komplett in der Phase groß geworden, wo ich Parteichef war. Da ist mir die Vaterrolle zu wichtig", erklärte Strolz. Die Neos müssten sich jetzt vom Gründer emanzipieren. Eine Rückkehr in die Politik sei in einigen Jahren aber nicht ausgeschlossen.

"Egoshows greifen um sich"

Strolz zeigte sich besorgt darüber, dass es auf europäischer Ebene "in die ganz falsche Richtung geht". "Nationalpopulistisch konservative Kräfte quer über den Kontinent und den Planeten sind am Werk. Von echten Anliegen befreite Egoshows greifen um sich, wo es nur um Macht und Karriere geht, um Inszenierung", sagte Strolz. In dieser Situation brauche es Neos dringender denn je.

Auch in Österreich sehe er diese Tendenz, er schreibt sie Kanzler Sebastian Kurz zu. "Die ganze Republik ist besoffen von dieser Inszenierung. Die Menschen werden da mit einem riesigen Kater aufwachen."

"Die Art der Ignoranz", die Kurz und sein Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) an den Tag legten, "ist einzigartig". Sie hätten für eine Abkühlung der Zusammenarbeit im Parlament gesorgt, "die besorgniserregend ist", findet Strolz. "Wenn das weiter so erodiert, steuern wir auf einen gewaltigen Konflikt zwischen Parlament und Regierung zu."

Körperliche Veränderung bei Kurz

Kurz habe kein Geschichtsbewusstsein, so Strolz. "Es ist mein großer Schmerz, dass dieser Kerl mit seinen Talenten aus der Generation Erasmus, der der europäischen Integration so viel zu verdanken hat, die Idee der fortlaufenden europäischen Einigung so kaltschnäuzig unterhöhlt." Strolz ortet nach einem halben Jahr Kanzlerschaft bereits erste sichtbare Veränderungen bei Kurz: "Er hat in seinem Auftreten seine bisher vorgetragene, leicht gebückte Haltung abgelegt. Damit deutete er Demut an. Er ist jetzt durchgestreckt und in seiner Mimik blitzt gelegentlich eine Arroganz durch, die einem Sorge macht."

Strolz übte aber auch leise Kritik an der eigenen Partei. "Wir müssen in den Regionen wachsen. Wir müssen in der Kommunikation besser werden. Wir verwirren die Leute manchmal zu sehr." Inhaltlich müsste die Partei beim Integrationsthema stärker anziehen. "Wir hatten eine Phase, wo wir zu wenig klar auf dieses Thema eingegangen sind. Das hat die Menschen ein Stück von uns weggetrieben." Die Neos stünden für eine Politik nach dem Modell von Bart Somers, Bürgermeister der Stadt Mechelen in Belgien.

Aber auch beim Thema Klimawandel gestand Strolz Verbesserungspotenzial zu. "Da werden wir nachlegen müssen, das hat Beate Meinl-Reisinger auch schon angekündigt. Unter meiner Führung haben wir hier noch zu wenig getan."

Die liberalen Kräfte organisieren sich jetzt auch auf europäischer Ebene gegen die "plumpen Nationalisten und Populisten, die jederzeit bereit sind, das europäische Miteinander zu zerstören, wenn es ihrer Machtlogik dient". Das werde auch immer mehr Menschen klar, "da kriegen immer mehr Menschen Angst". Angst sei aber in diesem Fall ein guter Ratgeber, "weil wir haben hier viel zu verlieren, nämlich unsere Freiheit, unsere liberale Demokratie". (APA, 27.6.2018)