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In unserer Branche wird gern ein Glas gehoben, auf dass uns nach dem fünften Viertel die Fake-News flüssiger von der Feder gehen.

Foto: AP / Gerald Herbert

Schöner Artikel in der "Harvard Business Review". Die Redaktion berichtet über eine nicht nur bahnbrechende, sondern auch süffige Studie des Psychologen Andrew Jarosz von der Universität Mississipi. Zwanzig männliche Studenten hat Jarosz erst mit Cranberry-Wodka abgefüllt (ein Château d'Yquem 1955 war im Universitätsbudget wahrscheinlich nicht drin) und danach verbale Aufgaben lösen lassen.

Das Ergebnis dieser Zechtour im Dienste der Wissenschaft ist eindeutig: "Drunk People are better at Creative Problem Solving." Den Verlauf des Experiments kann man sich gut vorstellen: Topfnüchterne Probanden, die glotzäugig und schmähstad auf ihre Aufgabenliste starren, neben hochinspirierten Kreativitätsbomben, die Ideen hervorsprühen wie ein frisch ausgebrochener Vulkan. Und dies, obwohl Jarosz sie lediglich in den minderalkoholisierten Zustand der "tipsiness" (Kavalierspitz) versetzt hat. Wie kreativ wären sie erst sternhagelvoll gewesen!

Fake-News flüssiger von der Feder

Uns Journalisten hätte Jarosz eigentlich nicht eigens beweisen müssen, dass es sich in der Fetten feiner formuliert, das hat uns schon länger geschwant. In unserer Branche wird gern ein Glas gehoben, auf dass uns nach dem fünften Viertel die Fake-News flüssiger von der Feder gehen.

Eine Redaktionssitzung heißt im Berufsjargon Happy Hour, der Redaktionsschluss wird traditionell mit dem Ruf Last orders! angekündigt. Der Einzige, der sich konsequent aus dem gesamtösterreichischen redaktionellen Rauschgeschehen heraushält, ist Michael Jeannée. Ihm wurde sogar gerichtlich attestiert, er müsse sich nicht nachsagen lassen, alkoholisiert zu sudeln.

Kreative Loopings

Für viele Berufstätige, die öffentlich gescholten wurden, weil sie betrunken am Arbeitsplatz auftauchten, wird die Studie von Jarosz eine späte Genugtuung sein. Für jenen Piloten der British Airways zum Beispiel, der im April an einem Flug nach Mauritius gehindert wurde, nur weil er blunzenfett ins Cockpit getorkelt war. Na, aber hallo: Der Mann wollte doch lediglich ein paar kreative Loopings fliegen.

Eine Genugtuung für alle blauen Nationalratsabgeordneten, die in Plenum pöbeln (wollen nur kreativ die Stimmung im Hohen Haus animieren). Und last, not least eine Genugtuung für die Video-Rauschkugeln von der Wirtschaftskammer. Einen Zwölfstundentag-Clip wie den ihren kriegst du ohne Mörderfetzen einfach nie und nimmer hin. (Christoph Winder, Album, 22.6.2018)