Securitymitarbeiter sorgten am Nova Rock für Sicherheit. Manche Festivals haben seit kurzer Zeit spezielle Ansprechpartner für Betroffene von sexueller Belästigung – zum Beispiel das Wiener Donauinselfest, das am Freitag beginnt.

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Wien – Grapschende Hände, Berührungen im Intimbereich – und das immer wieder, obwohl sich zwei Besucherinnen des Nova-Rock-Festivals mit Worten und später auch mit Tritten zur Wehr setzten. "Wir waren erst drei Stunden am Festival, schon war die Stimmung am Boden. Wir haben uns unsicher gefühlt", sagt eine der beiden Betroffenen dem STANDARD.

Was die beiden Lehrerinnen aus Niederösterreich noch mehr stört als die Übergriffe an sich, waren die Reaktionen der Festivalmitarbeiter. "Wir sind zuerst zur Bar, weil die ganz in der Nähe war. Dort wurde uns gesagt, dass wir selbst die Securityleute suchen müssen, weil Barmitarbeiter in dem Fall nichts tun können", schildert die 30-Jährige.

Als die beiden Frauen mit einem Securitymann zurückkamen, waren die Belästiger allerdings schon weg. "Der Mitarbeiter hat dann vorgeschlagen, wir sollen beim nächsten Mal doch nicht so aggressiv reagieren und die Typen freundlich bitten mitzukommen. So ein Ratschlag ist natürlich alles andere als praktikabel."

Polizei: Keine Anzeigen

Das Festival im burgenländischen Nickelsdorf ging am Sonntag zu Ende. Täglich feierten zwischen 45.000 und 50.000 Menschen auf dem Gelände. Das Rote Kreuz versorgte im Lauf des Wochenendes etwa 2.000 Personen, auch die Exekutive war in vollem Einsatz.

Anzeigen zu sexuellen Übergriffen sind dieses Jahr nicht eingegangen, auch in den Jahren zuvor habe es höchstens jeweils ein, zwei solcher Fälle gegeben – etwa im letzten Jahr, wo Verdacht auf Vergewaltigung bestand: "Daraus wurde aber nichts mehr. Es gab keine Spuren", heißt es beim Bezirkspolizeikommando Neusiedl am See.

Die Betroffenen vom Nova Rock wundert es nicht, dass es wenige Anzeigen gibt: "Wieso soll ich das anzeigen, wenn es keine Aussicht auf Erfolg gibt? Wir möchten uns einfach sicher fühlen und ernst genommen werden. Manche Leute denken, auf Festivals gebe es keine Regeln."

Nährboden für Übergriffe

Dass Festivals ein besonderer Nährboden für sexuelle Übergriffe sind, wurde bereits im letzten Sommer breit thematisiert: Nachdem es auf dem schwedischen Bråvalla-Festival zu 23 Anzeigen wegen sexueller Belästigung und zu weiteren fünf wegen Vergewaltigung gekommen war, wurde die Veranstaltung für dieses Jahr abgesagt.

Der deutsche Veranstalter führte bei den in Deutschland stattfindenden Festivals ein spezielles Konzept ein: Wer sich bedroht oder unwohl fühlt, kann sich an jeder Bar, bei allen Security- und sonstigen Mitarbeitern mit der Frage "Wo geht's nach Panama" melden. Rückfragen gibt es keine, die Betroffenen werden rasch in eine geschützte Umgebung gebracht – auch dieses Jahr wieder.

Veranstalter reagieren

Nova-Rock-Veranstalter Ewald Tatar bedauert, dass die beiden Frauen am Wochenende belästigt wurden. Es gebe allerdings ein gutes Sicherheitskonzept, Sicherheitsmänner und Polizei seien überall am Gelände unterwegs und gut geschult. "Wenn der angesprochene Mitarbeiter nichts unternimmt, tut uns das Leid. Aber im Endeffekt ist es ein Barmitarbeiter." Funkkontakt zu Securitymitarbeitern gebe es nicht, für das nächste Jahr könne man sich das aber überlegen, meint Tatar. Sexuelle Übergriffe verurteile er "aufs Schärfste".

Für das am kommenden Wochenende stattfindende Wiener Donauinselfest wurden 650 Festivalmitarbeiter – von Security- bis Barpersonal – zu dem Thema sensibilisiert und speziell geschult. Sie sind durch einen hellblauen Button mit einem Anker und der Aufschrift "Hilfe bei Belästigung" erkennbar.

Die Vorgeschichte: Im letzten Jahr gab es einen Verdacht auf Vergewaltigung, der sich aber nicht erhärtete. Ein 19-jähriger Afghane wurde schließlich wegen versuchter sexueller Nötigung zu 18 Monaten teilbedingter Haft verurteilt, er wollte einer 21-Jährigen das T-Shirt ausziehen.

Keine "Rausschmeißertypen" als Ansprechpartner

Reagiert hat man auch beim Electric-Love-Festival in Salzburg. 2016 kam es zu einer Anzeige wegen Vergewaltigung. "Es ist ein ganz schwieriges Thema und wichtig zu reagieren. Uns ist es jedenfalls viel lieber, man meldet jede Kleinigkeit, als wenn etwas nicht gemeldet wird", heißt es beim Veranstalter.

Man habe gemerkt, dass Securitymitarbeiter da nicht immer die geeignetsten Ansprechpartner seien. "Wir arbeiten deswegen mit sogenannten Security-Guards, die geschult sind und Einfühlungsvermögen haben – ohne zu behaupten, dass das die normalen Securitymänner nicht hätten." Die 40 Personen seien anders gekleidet, und man erkenne sie sofort. "Diese Mitarbeiter sind jetzt nicht speziell für sexuelle Übergriffe zuständig, sondern können ganz allgemein in heiklen Situationen kontaktiert werden. Es sind keine Rausschmeißertypen." (Lara Hagen, 20.6.2018)