Die Rumskullaeken im schwedischen Nationalpark Norra Kvill gilt mit rund 1.000 Jahren als eine der ältesten lebenden Eichen Europas. Ihr hohes Alter verdankt sie unter anderem ihrer besonderen genetischen Ausstattung

Foto: Thomas Bergmayr

Halle – Eichen zählen zu den langlebigsten Laubbaumarten in unseren Breiten. Ihr Höchstalter liegt bei rund 1.000 Jahren, doch einige Ausnahmeexemplare können sogar bis zu 1.400 Jahre alt werden. Ein internationales Wissenschafterteam befasste sich nun mit den genetischen Grundlagen dieser Langlebigkeit und identifizierte zwei dafür wichtige genomische Eigenschaften.

Die Forscher sequenzierten für ihre im Fachjournal "Nature Plants" präsentierte Studie das Genom einer Stieleiche (Quercus robur) mithilfe von modernen Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien. Dies ermöglichte es, die 750 Millionen Nukleotide zu sequenzieren und zusammenzusetzen, aus denen das Genom besteht. Die genetische Vielfalt dieser weit verbreiteten europäischen Eichenart ist zehnmal größer als die des menschlichen Genoms.

Zahlreiche Resistenzgene

Die Untersuchung zeigte, dass es insgesamt 26.000 Gene enthält. 51 Prozent davon bestehen aus springenden genetischen Elementen – DNA-Sequenzen, die ihre Position innerhalb des Genoms ändern können. Zudem ist mit 36 Prozent ein ungewöhnlich hoher Anteil in aneinander gereihten Gengruppen organisiert, während es bei anderen Pflanzen im Durchschnitt lediglich 15 Prozent sind. Die Resistenzgene der Stieleiche scheinen von diesen Tandemduplikationen zu profitierten.

Ein Vergleich der Genome von krautigen Pflanzen (zum Beispiel Acker-Schmalwand, Soja, Kartoffel, Wassermelone) und mehrjährigen Gehölzen (etwa Eiche, Pappel, Eukalyptus, Pfirsich) machte darüber hinaus deutlich, dass dieser Mechanismus zur Vervielfältigung von Resistenzgenen nicht auf Eichen beschränkt ist, sondern bei allen untersuchten Baumarten auftritt.

Vererbte somatische Mutationen

In mehrzelligen Organismen häufen sich während ihres Wachstums somatische Mutationen, also Mutationen, die nicht in den Fortpflanzungszellen auftreten, sondern in den somatischen Zellen. Das extrem lange Leben der Bäume und die Dauerhaftigkeit ihres im Laufe des Lebens entwickelten Gewebes machen sie zu perfekten Modellen, um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen.

Das Forscherteam untersuchte die Häufigkeit somatischer Mutationen, indem es die Genome aus Proben von unterschiedlich alten Zweigen einer hundertjährigen Eiche verglich. Dabei konnten die Forscher seltene somatische Mutationen feststellen, und zeigen, dass diese in die nächste Generation vererbt werden können. Zukünftig geht es darum zu verstehen, ob dieser Motor der Diversität Einzelpflanzen einen Selektionsvorteil verschaffen kann.

Weitere Untersuchungen

"Diese zwei genomischen Merkmale geben uns Hinweise darauf, warum Bäume, die so vielen biotischen Wechselwirkungen ausgesetzt sind, es schaffen, sich in Europa so großräumig zu verbreiten", sagt Koautorin Sylvie Herrmann vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Halle. "Dieses Wissen unterstützt unsere eigenen Forschungsarbeiten, bei denen ein Eichenklon als Phytometer an verschiedenen Standorten in Europa freigesetzt wird. Wir wollen so untersuchen, wie sich Waldbäume als langlebige Organismen an Umweltänderungen anpassen." (red, 20.6.2018)