EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani traf am Vormittag mit Bundeskanzler Sebastian Kurz zusammen.

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Wien – EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hat anlässlich seines Wien-Besuchs am Dienstag einen klaren Afrika-Schwerpunkt während der am 1. Juli beginnenden Ratspräsidentschaft Österreichs gefordert. Wenn die EU die Migrationsfrage langfristig lösen wolle, müsse sie in Afrika investieren, forderte Tajani bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Bundeskanzler Sebastian Kurz und EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag.
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Diese Frage sei jedenfalls die "dringendste", denn beim Thema Einwanderung gehe es um nichts weniger als die "Zukunft Europas", sagte der Parlamentspräsident. "Wir müssen noch viel Arbeit in Afrika leisten", so Tajani. So müsse zum Beispiel besonders in Libyen schnellstmöglich Stabilität hergestellt werden und in Niger gelte es, ein "kriminelles Netzwerk" an Schleppern zu zerschlagen.

Es gehe auch darum, gemeinsam gegen den Klimawandel, Terrorismus und die Hungersnöte in Afrika zu kämpfen. Dazu seien aber natürlich Investitionen in den europäischen Haushalt notwendig, strich der Italiener hervor. Beim Thema EU-Haushalt liegen die Positionen Tajanis und Kurz allerdings weit auseinander – während das EU-Parlament fordert, den Finanzrahmen auf 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen ist Österreich als Nettozahler nicht bereit, mehr als ein Prozent in das EU-Budget einzuzahlen.

Resettlement-Fokus

Kurz sprach einmal mehr vom "Schutz der Außengrenzen" und der "Hilfe vor Ort". Es sei aber auch die "humanitäre Pflicht" Österreichs, in Afrika zu helfen. Zudem setze die Bundesregierung auf den Ausbau von legalen Migrationswegen und Umsiedelungsprogrammen (Resettlement), erklärte der Kanzler mit Blick auf den EU-Vorsitz im kommenden Halbjahr.

Die EU habe in Sachen Migration viel Zeit verloren, da sie durch andere Themen abgelenkt gewesen sei, sagte Tajani. Diese Zeit müsse nun aufgeholt werden. Man werden den Bürgern "bald konkrete Antworten" liefern, versprach er. Denn ohne solche Antworten werde die "soziale Krise" in der EU zunehmen.

Kurz hofft auf "Schritt nach vorne"

Der Streit um Asylpolitik zwischen CSU und CDU in Deutschland hat für Kurz eine "gewisse neue Dynamik" in die europäische Migrationspolitik gebracht. Vielleicht könne so am EU-Gipfel kommende Woche ein "gewisser Schritt nach vorne" gemacht werden.

Die aktuelle Situation in der EU sei nicht die Schuld derer, die bisher gegen die "Politik offener Grenzen" eingetreten seien, sagte der Kanzler. "Es ist die Verantwortung all jener, die eine gegenteilige Politik verfolgt haben", konnte er sich einen Seitenhieb auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht verkneifen. Ziel müsse eine gesamteuropäische Lösung bleiben, "wenn diese Lösung nicht kommt, wird es mehr und mehr nationale Lösungen geben."

Beim EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel wollen sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten auch mit der Einrichtung von Flüchtlingszentren etwa in Nordafrika befassen. Der für 20. September in Salzburg geplante informelle Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs soll, so hoffe der Kanzler, einen "großen Schritt in Richtung funktionierenden Außengrenzschutz" machen zu können. "Wenn wir die Außengrenzen nicht sichern, dann bedeutet das das Ende eines Europas ohne Grenzen nach innen", erklärte Kurz. (APA, 19.6.2018)