In einer staubigen protoplanetaren Scheibe entstehen neue Planeten.
Illustr.: NRAO/AUI/NSF; S. Dagnello

Das Alter unserer Sonne und ihrer Planeten lässt sich mittlerweile auf wenige Millionen Jahre genau bestimmen. Bisherigen Analysen von Meteoriten aus der Geburtszeit des Sonnensystem kommen mit Hilfe der sogenannten Uran-Blei-Methode auf 4,45682 Milliarden Jahre. Wie genau dieses Ensemble aus einem gelben Zwergstern, vier Gesteinsplaneten, vier Gasriesen und einer kaum abschätzbaren Zahl von Zwergplaneten, Kometen und Asteroiden geboren wurde, ist dagegen weit weniger klar – doch dafür gibt es gut beobachtbare Beispiele in der kosmischen Nachbarschaft.

Unabhängig voneinander haben kürzlich gleich zwei Astronomenteams mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) überzeugende Belege für die laufende Geburt von drei Exoplaneten im Orbit um den gerade erst entstandenen Stern HD 163296 gefunden. Mit einer neuartigen Technik identifizierten die Wissenschafter drei verräterische Störungen in der gasreichen Scheibe um den jungen Stern – der bisher stärkste Hinweis darauf, dass sich dort neu gebildete Planeten auf ihren Umlaufbahnen bewegen. Es wären die ersten Planeten, die mit ALMA entdeckt wurden.

Vielversprechende neue Technik

"Die Messung des Gasflusses innerhalb einer protoplanetaren Scheibe gibt uns viel mehr Sicherheit, dass Planeten um einen jungen Stern herum vorhanden sind", erklärt Christophe Pinte von der Monash University in Australien und dem Institut de Planétologie et d'Astrophysique de Grenoble (Université de Grenoble-Alpes/CNRS) in Frankreich und Erstautor einer der beiden Arbeiten. "Diese Technik bietet eine vielversprechende neue Richtung, um zu verstehen, wie Planetensysteme entstehen."

Die ALMA-Aufnahme von HD 163296 zeigt ringe aus Staub und Gas, in denen neue Planeten geboren werden.
Foto: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO); A. Isella; B. Saxton (NRAO/AUI/NSF)

Für ihre jeweiligen Entdeckungen analysierten beide Teams ALMA-Beobachtungen von HD 163296, einem jungen Stern etwa 330 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Schütze. Dieser Stern hat etwa die doppelte Masse der Sonne, ist aber nur vier Millionen Jahre alt – ein Tausendstel des Alters der Sonne.

"Wir haben die lokale, kleinskalige Bewegung des Gases in der protoplanetaren Scheibe des Sterns betrachtet. Dieser völlig neue Ansatz könnte einige der jüngsten Planeten in unserer Galaxie sichtbar machen, alles dank der hochauflösenden Bilder von ALMA", erläutert Richard Teague, Astronom an der University of Michigan und Erstautor des zweiten Fachartikels.

Subtile Veränderungen beim Kohlenmonoxid-Gas

Anstatt sich auf den Staub in der Scheibe zu konzentrieren, der in früheren ALMA-Beobachtungen klar abgebildet wurde, untersuchten die Astronomen stattdessen Kohlenmonoxid-Gas (CO), das sich über die Scheibe ausbreitet. CO-Moleküle emittieren charakteristische Strahlung bei Millimeterwellenlängen, die ALMA sehr genau beobachten kann. Subtile Veränderungen der Wellenlänge dieses Lichts durch den Dopplereffekt zeigen die Bewegungen des Gases in der Scheibe.

Forscher fanden mithilfe von ALMA-Daten den bisher stärksten Hinweis darauf, dass sich in der jungen zirkumstellare Scheibe neu gebildete Planeten bewegen. Diese Aufnahme zeigt einen Teil des ALMA-Datensatzes bei einer ganz bestimmten Wellenlänge, bei der ein "Knick" sichtbar wird, der eindeutig auf das Vorhandensein eines der Planeten hinweist.
Foto: ESO, ALMA (ESO/NAOJ/NRAO); Pinte et al.

Das Team um Teague identifizierte dadurch zwei Planeten, die etwa 12 Milliarden und 21 Milliarden Kilometer vom Stern entfernt liegen. Das andere Team, angeführt von Pinte, identifizierte einen Planeten etwa 39 Milliarden Kilometer vom Stern entfernt. Die beiden Teams verwendeten Variationen der gleichen Technik, die nach Anomalien im Gasstrom sucht – wie die wechselnden Wellenlängen der CO-Emission zeigen – die darauf hindeuten, dass das Gas mit einem massereichen Objekt interagiert.

Wie Wirbel um einen Felsen im Fluss

In beiden Fällen identifizierten die Forscher Bereiche, in denen die Strömung des Gases nicht zu seiner Umgebung passt – ein wenig wie Wirbel um einen Felsen in einem Fluss. Indem sie diese Bewegung sorgfältig analysierten, konnten sie deutlich den Einfluss von planetaren Körpern erkennen, die in ihrer Masse dem Jupiter ähneln. Die neue Technik erlaubt es den Astronomen, die Protoplanetenmassen genauer abzuschätzen und liefert mit geringerer Wahrscheinlichkeit falsch positive Resultate. (red, 16.6.2018)