Für die angesichts ihrer tatsächlichen personellen Größe in heimischen Zeitungen erstaunlich überrepräsentierte Sekte der fundamentalistischen Neoliberalen muss die vorwöchige Medienenquete ähnlich niederschmetternd gewesen sein wie ein Evolutionsforscherkongress für die Zeugen Jehovas. Waren sich doch dort weltanschaulich unterschiedlichste Medienmacher darüber einig, dass die Übermacht von Facebook, Google und Co zu einer Situation geführt hat, die sich mit dem bei Hayek-Ayatollahs als Tabuwort geltenden Begriff "Marktversagen" beschreiben lässt und in der nur die Anrufung einer anderen höheren Macht Erlösung verspricht: Wir bitten dich Staat, erhöre uns.

Als irdischer Repräsentant dieses Heilsbringers gilt der ORF, weshalb er sowohl Politikern aller Farben als auch privaten Medienunternehmern als Projektionsfläche für unterschiedlichste Wünsche und Zukunftsvorstellungen dient.

Vor dem Problem stehend, all diese oft einander widersprechenden Wünsche zu erfüllen, könnte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Kniff aus dem Internet abschauen. Dort ist personalisierte Werbung längst Alltag. Dazu kommen immer öfter personalisierte Preise, die mithilfe von Daten über individuelles Surfverhalten ausloten, wie viel Geld man dem Konsumenten maximal abluchsen kann.

Personalisiertes Fernsehen

Was also spricht gegen personalisiertes Fernsehen? Das wären TV-Programme, die zielgerichtet nur denen gezeigt werden, die sie auch wirklich sehen wollen. Österreichs Medienmachern wäre dadurch zwar nicht finanziell, aber vielleicht auf persönlicher Ebene geholfen. So könnte eine auf den jeweiligen Empfänger personalisierte Casting-Show "Austria's Next Top-ORF-Boss" Markus Breitenecker, Rainer Nowak, Michael Fleischhacker und Helmut Brandstätter gleichzeitig glücklich machen. Christoph Dichand könnte sich an der Simulation einer nun endlich offiziellen Fusion aus FPÖ- und Krone-TV erfreuen, die unter der Leitung des "Krone"-Online-Chefs Richard Schmitt als "Schmalbart News" firmieren würde. Für die frisch gebackene Uni-Rätin Eva Dichand wäre ein Wissenschaftsformat für High-Heel-Kunde und Olivenölforschung im Angebot, für Wolfgang Fellner sollte jede Sendung, die ihn davon abhält, oe24.tv schauen zu müssen, eine Erleichterung darstellen.

Ebenso ließe sich das ORF-Programm für Politiker personalisieren. Am leichtesten für SPÖ-Funktionäre, denen einfach 70er-Jahre-Wahlkonfrontationen mit Bruno Kreisky in der Endlosschleife gezeigt werden. Aber auch individuellere Wünsche scheinen erfüllbar. So könnte man den von den Medien wie vom Leben verhöhnten Gottfried Waldhäusl mit "Wer will mich nicht?" trösten, einer ins Gegenteil verkehrten Version der legendären Edith-Klinger-Sendung, bei der nun Tiere nicht vermittelt, sondern abgeschoben werden. Und eine mehrstündige Übertragung des Testbildes entspräche nicht nur Elmar Podgorscheks Wunsch nach "Neutralisierung des ORF", sondern wohl auch den intellektuellen Ansprüchen des FPÖ-Landesrates.

Kein eigens für sie personalisiertes Programm müsste man für die Landeshauptleute produzieren. Dieses existiert nämlich schon und heißt "Bundesland heute". (Florian Scheuba, 13.6.2018)