Der Prix Ars Electronica ging heuer in den beiden biennal vergebenen Kategorien an Projekte, die sich mit Daten im Internet und partizipativem Journalismus beschäftigen. Weiters wurde in der Kategorie Computer Animation "Tropics" der Französin Mathilde Lavenne ausgezeichnet, im U19-Bewerb das Videospiel "Levers & Buttons" von Wiener HTL-Schülern. Insgesamt gab es 3.046 Einreichungen aus 85 Ländern.

Die weltweit agierende Recherche-Community Bellingcat, die (Kriegs-)Verbrechen an die Öffentlichkeit bringt, erhielt die Goldene Nica in der Kategorie Digital Communities, gaben der künstlerische Leiter der Ars Electronica, Gerfried Stocker, und sein Team in einer Pressekonferenz am Montag in Linz bekannt. Es bündelt Open Source und Social-Media-Recherchen von Bürger-Journalisten und vernetzt diese untereinander, bietet aber auch Anleitung für alle, die aktiv werden wollen, "Tutorials, wie man Open-Source-Material archiviert", erklärte Emiko Ogawa. Nach dem Abschuss der Passagiermaschine MH17 veröffentlichte das von Eliot Higgins kurz zuvor 2014 gegründete Recherchenetzwerk Bellingcat eine Reihe von Artikeln und entlarvte Falschmeldungen, wurde sogar in die Ermittlungen einbezogen.

"BitSoil Popup Tax & Hack Campaign"

Ebenfalls biennal vergeben wird der Prix in der Kategorie Interactive Art, der an die belgischen LarbitsSisters für "BitSoil Popup Tax & Hack Campaign" ging. Ziel sei, "uns die Möglichkeit zu geben, an der großen Geschichte des Datenhandels im Internet teilzunehmen", erklärte Stocker. Die Internet-Installation durchsucht mittels Bots Twitter-Accounts nach gewissen Schlagwörtern und lädt den jeweiligen Twitter-User ein, sich der Kampagne anzuschließen. Er kann sich bloß informieren lassen, eigene Bots kreieren oder einem Boss der zehn größten Technologie-Unternehmen oder einem Premierminister eine digitale Postkarte aus der Bit Republic schicken. So wird wiederum neues BitSoil, also Daten, generiert, der Gewinn wird fair und transparent unter allen Mitwirkenden aufgeteilt.

Stocker hob die spannende Entwicklung der Interactive Art hervor, die von Interfaces, Steuergeräten und dem Grundprinzip der Partizipation hin zur zeitgemäß umgesetzten Idee der Partizipation im heurigen Siegerprojekt ging. Kuratorin Christine Schöpf sah Ähnliches in der Computer Animation. "Nicht mehr der technische Aspekt steht im Vordergrund, es sind vielmehr Fragen, die unsere Zeit betreffen, politisch, gesellschaftlich und ökologisch", umriss sie die über 1.000 Einreichungen. Mathilde Lavenne aus Frankreich überzeugte mit ihrer Arbeit "Tropics". Sie geht darin in der Stadt Jicaltepec Erinnerungen aus der mexikanischen Diktatur nach. Dafür benutzte sie einen Faro-Scanner, mit dem Architekten üblicherweise dreidimensionale Bilder von Gebäuden aufnehmen.

"Wichtig ist, die beiden Spieler müssen intensiv miteinander kommunizieren"

Im U19-Bewerb setzten sich die vier Wiener HTL-Schüler Lorenz Gosa, Martin Hatler, Samuel Stallybrass und Vincent Thierry mit ihrem Spiel "Levers & Buttons" durch. In dem Kooperationsspiel sitzt ein Teilnehmer vor dem Bildschirm, der andere übernimmt den bewegungsintensiven Part an der VR-Brille. "Wichtig ist, die beiden Spieler müssen intensiv miteinander kommunizieren", betonte Marion Friedl, die diese Kategorie präsentierte. Den netidee-Spezialpreis holten sich Samuel Daurer und Ämilian Mayrhofer mit ihrer Musik-Suchmaschine "out of tune".

Als Visonary Pioneer of Media Art wurde heuer das Leonardo-Netzwerk, eine der traditionsreichsten und weltweit führenden Plattformen für Kunst, Wissenschaft und Technologie, ausgezeichnet. 1968 erschien das erste Leonardo-Journal, die Community wuchs über die Jahre, zusätzliche Formate entstanden. Herausgeber ist heute Roger Malina, Sohn des Gründers Frank. "Unsere Community ändert die Geschichte" und "Unsere Arbeit hat gerade erst begonnen", richtete er via Videogespräch aus. (APA, 12.6. 2018)