Sieben Jahre dauert BepiColombos Reise bis zum Merkur. Zumindest ein Jahr soll die Sonde den Planeten erkunden.

Illustr.: ESA/ATG medialab; Mercury: NASA/JPL

Darmstadt – Wenn man die geringste mögliche Distanz zwischen Erde und Merkur als Maßstab nimmt, kreist der innerste Planet des Sonnensystems eigentlich nicht gerade in unerreichbar großer Ferne: Im Schnitt 92 Millionen Kilometer liegen zwischen dem Erdorbit und jenem des Merkur – und doch haben bis heute erst zwei Sonden diesen Planeten aus der Nähe erkundet: 1973 passierte die US-Sonde Mariner 10 insgesamt drei Mal den Merkur und Messenger, ebenfalls Nasa, trat nach drei Swing-by-Manövern 2011 in einen Orbit um den kleinsten Planeten des Sonnensystems ein. 2015 ließ man Messenger absichtlich auf Merkur zerschellen.

Der Grund dafür ist nicht etwa, dass der Merkur nicht interessant genug wäre, vielmehr liegt es daran, dass sich entsprechende Missionen äußerst schwierig gestalten. Nachdem die Reise zum Merkur in Richtung Sonne geht, müssen die Raumsonden teilweise enorme Temperaturen aushalten. Außerdem sind sie nahe der Sonne großen Gravitationskräften ausgesetzt. Die Beschleunigung hin zu unserem Zentralgestirn muss durch Bremsmanöver ausgeglichen werden, und das kostet Treibstoff.

Schwierige Esa-Mission

Die Europäische Raumfahrtorganisation wagt dennoch gemeinsam mit der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) das Abenteuer und will mit ihrer bisher schwierigsten Mission einige Geheimnisse des Merkur lüften: Die europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo startet am 19. Oktober vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana zum nach wie vor am wenigsten erforschten Planeten unseres Sonnensystems. Sieben Jahre soll die Reise bis zur Ziel-Umlaufbahn dauern.

BepiColombo fliegt dabei neun Mal an Erde, Venus und Merkur vorbei, um zu entschleunigen und nicht auf die Sonne zu fallen – damit soll vor allem Treibstoff gespart werden. Die 6,40 Meter hohe und 4,1 Tonnen schwere Raumsonde steht bereits am Raketenstartplatz. Eine originalgetreue Kopie von BepiColombo kann im Science-Museum in London besichtigt werden. Das dritte Modell – ein Testmodell – befindet sich im Raumflugkontrollzentrum Esoc in Darmstadt und wird genutzt, um die Missionsabläufe am Boden zu simulieren.

20 Jahre Vorbereitungszeit

"Es sieht für uns so aus, als ob es fliegt", sagte der Leiter des ESA-Missionsbetriebs Paolo Ferri. Nach einer ungewöhnlich langen Vorbereitungszeit von fast 20 Jahren habe jetzt die heiße Phase vor dem Start begonnen. "Ein einziger Fehler könnte die ganze Mission zum Scheitern bringen", beschreibt Ferri die Schwierigkeiten.

Wenn die Merkur-Zielumlaufbahn im Dezember 2025 – so die Planung – erreicht wird, trennen sich zwei autonome Wissenschafts-Satelliten vom Transfermodul. Der ESA-Satellit MPO (Mercury Planetary Orbiter) erforscht die Oberfläche des weitgehend unbekannten Planeten, der japanische Satellit MMO (Mercury Magnetospheric Orbiter) das Magnetfeld. Die Missionsdauer ist für ein Jahr veranschlagt, mit der Option auf ein weiteres Jahr.

Hilfreiches Gegenstück am Boden

Das Konstruktionsmodell von BepiColombo samt Testfeld im Esoc ist rund 30 Quadratmeter groß: Die komplexe Elektronik und alle wichtigen Bauteile des ESA-Forschungssatellits MPO sind auf einer Struktur montiert, die identisch ist mit der echten Sonde. Es fehlen nur das Solarpanel und der große Kühler, der die Wärme der Sonde, stark erhitzt von der Sonne und vom Merkur, in den kalten Weltraum ausstrahlen wird. Auf einem Tisch davor steht die Elektronik des elektrischen Ionenantriebs MTM von BepiColombo. Zwei schrankartige elektronische Kästen simulieren die Sonne und die anderen Parameter im All. (red, APA, 17.6.2018)