"Qualifikation war in meinem Berufsleben immer eher ein Hindernis als ein Vorteil. Nach der Matura habe ich Philosophie und Ethnologie in Mindeststudienzeit studiert, beruflich konnte ich den Abschluss aber nicht verwerten. Nachdem ich jahrelang prekär beschäftigt gewesen war, beispielsweise als Kindermädchen, fand ich einen Teilzeitjob als Sekretärin. Sechs Jahre lang lebten meine Tochter und ich von 1.100 Euro netto pro Monat. Um die Kosten für die täglichen Ausgaben zu bestreiten, gab ich mit meinem Zusatzzertifikat in Deutsch als Fremdsprache an Wiener Volkshochschulen Deutschkurse, die mit 20 Euro pro Stunde honoriert wurden.

Als mein Kind im Volksschulalter war, ließ ich mich zur Krankenschwester ausbilden. In der Pflege, hieß es, gibt es immer Arbeit. Während der dreijährigen Ausbildung bekam ich rund 800 Euro vom Arbeitsmarktservice. Als ausgebildete Krankenschwester stand auf meinem ersten Gehaltszettel in einem Wiener Krankenhaus bei 20 Stunden: 609 Euro netto. Mit Zulagen kam ich auf nicht ganz 900 Euro, womit ich als alleinerziehende Mutter nicht über die Runden kam. Um die Miete bezahlen zu können, arbeitete ich stundenweise in der mobilen Hauskrankenpflege. Durch die vielen Nacht- und Wochenenddienste im Krankenhaus hatte ich auch fast keine Zeit mehr für meine Tochter. Ich habe das zwar immer wieder bei meinen Vorgesetzten angesprochen, aber da gab es keinerlei Entgegenkommen. Schließlich habe ich gekündigt.

Psychisch und physisch belastend

Ich bin danach ganz in die Hauskrankenpflege gewechselt. Dort musste ich zumindest nicht nachts arbeiten, habe aber noch weniger verdient als im Krankenhaus. Und auch diese Arbeit war sehr schwer, sowohl physisch als auch psychisch äußerst belastend.

Beispielbild. Unsere Gesprächspartnerin hat in einem Krankenhaus und in der Hauskrankenpflege gearbeitet.
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Weil ich in der Pflege für mich einfach keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr sah, habe ich mich beim österreichischen Bundesheer für einen Auslandseinsatz beworben. Schon während meines Studiums war ich für ein Semester in Jerusalem – und so, dachte ich, kann ich meine Kenntnisse über den Nahen Osten mit meinem Beruf als Krankenschwester verbinden.

Ich verbrachte ein halbes Jahr auf dem Golan, bevor 2013 das österreichische Kontingent abgezogen wurde. In dieser Zeit verdiente ich endlich genug Geld (3.000 Euro netto im Monat), um meine Alltagsausgaben bestreiten zu können, und konnte mir sogar etwas zurücklegen. 11.000 Euro von meinen Ersparnissen investierte ich in das Masterstudium Advanced Nursing Practice. Das brachte mir allerdings auch nicht die erhoffte Einkommenssteigerung.

Mein größter Luxus: Bücher

Mittlerweile arbeite ich als "qualitätssichernde Pflegefachaufsicht in der Hauskrankenpflege. Ich bin zuständig dafür, dass alle Patienten versorgt sind, dass alle Kolleginnen und Mitarbeiter eine gute Einschulung bekommen und wissen, was sie zu tun haben. Dabei verdiene ich monatlich rund 2.000 Euro netto und kann mir das Leben damit knapp leisten.

Für meine kleine Wohnung bezahle ich 500 Euro. Meiner Tochter, die inzwischen erwachsen ist und Architektur studiert, überweise ich monatlich 500 Euro. Dazu kommt noch die Erhaltung eines Autos, das ich beruflich brauche, mit monatlichen Kosten von circa 300 Euro für Tanken, Versicherung, Parkpickerl et cetera. Sonstige Nebenkosten wie Haushaltsversicherung, Handy und Internet belaufen sich auf circa 50 Euro. Ich koche täglich selbst, gebe also wenig Geld für Essen aus – und erspare mir damit etwas für den Urlaub.

Mein größter Luxus sind Bücher und regelmäßige Kaffeehausbesuche sowie Kunst- und Kulturveranstaltungen. Für die Pension kann ich mir derzeit nichts auf die Seite legen. Mit knapp 50 Jahren weist mein Pensionskonto aufgrund meiner langjährigen Teilzeitbeschäftigung einen Stand von 700 Euro brutto auf. Ich bezweifle, dass das für eine hochqualifizierte Frau mit zwei Studienabschlüssen, die jahrelang gearbeitet hat, angemessen ist." (Protokoll: Lisa Breit, 15.8.2018)