Die einzige Abgeordnete des achtköpfigen Klubs, die zu Wochenbeginn zum aktuellen Stand bei der Liste Pilz Auskunft geben wollte, ist Martha Bißmann. Jene Mandatarin, der die Parteispitzen den Verzicht auf ihren Parlamentssitz nahegelegt haben, damit Listengründer Peter Pilz endlich in den Nationalrat nachrücken könne.

Peter Pilz ist im Freizeitmodus, mischt aber dennoch parteiintern mit, wie im
STANDARD-Forum von so manchem User kritisiert wird.
Foto: Elmar Gubisch

Doch Bißmann dachte auch am Montag keineswegs daran, ihren Platz für den Obmann freizumachen. Ihr Verbleib sei im Hohen Haus "durch die Verfassung geschützt", hielt sie im STANDARD-Gespräch fest, denn ein "Leihmandat gibt es nicht". Eine Anspielung darauf, dass sie selbst – angesichts des Mandatsverzichts von Pilz im Herbst wegen diverser Belästigungsvorwürfe – nachgerückt ist und dass ihr der neue Klubchef Bruno Rossmann unlängst vorgehalten hat, dass Bißmanns Mandat doch bloß "geliehen" sei.

Sie selbst erzählt, dass Pilz auch übers Wochenende versucht habe, ihr einen "Wechsel schmackhaft zu machen". Bißmann: "Pilz will unbedingt sein Mandat zurück, das verstehe ich. Ich gehe davon aus, dass er auch mit anderen Mandataren über einen Mandatswechsel spricht."

"Das ist nicht fair": Martha Bißmann beklagt Druck.
Foto: APA/Pfarrhofer

Im selben Atemzug erwähnt die Abgeordnete erneut, dass es ohne den Listengründer im Klub für die Partei schwierig werden könne, auch weil hier in der eigenen Wählerschaft ein hoher Erwartungsdruck herrsche. "Das reduziert sich jetzt auf mich, obwohl es neben mir noch fünf weitere Mandatare gibt, die Pilz Platz machen könnten", klagt Bißmannn, und sagt auch: "Das ist nicht fair."

Verwirrung um Fristen

Dabei täte sich, seit der bisherige Klubchef Peter Kolba am Freitag überraschend seinen Mandatsverzicht bekanntgegeben hat, eine neue Option auf. Weil Kolba, mit einem Grundmandat in Niederösterreich ausgestattet, der Liste wegen Chaos und Intrigen aber den Rücken gekehrt hat, könnte dort nun Maria Stern als Listenzweite nachrücken – es sei denn, sie verzichtet auf ihr Mandat. Dann wäre der Weg frei dafür, dass Listendritter Alfred Noll Kolbas Mandat übernimmt – und Pilz so über die Bundesliste ins Parlament einziehen kann.

Auf STANDARD-Anfrage ersuchte Stern am Montag aber noch um Geduld. Robert Stein, Stellvertreter des Bundeswahlleiters, bestätigt jedenfalls, dass Kolba mit Montag sein Mandat bei der Bundeswahlbehörde im Innenministerium zurückgelegt hat, was mit Ablauf desselben Tages Wirksamkeit erlange – und hiermit an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) weitergeleitet werde.

Bittet noch ein wenig um Geduld: Maria Stern.
Foto: Regine Hendrich

Aus der Parlamentsdirektion hieß es dazu, dass es gesetzlich keine Frist gebe, in der das Mandat von Kolba nachbesetzt werden müsse; zuständig für das weitere Vorgehen sei ab dem Gültigwerden des Mandatsverzichts die zuständige Landeswahlbehörde, also jene von Niederösterreich. Dort erklärte man dem STANDARD, dass es kein entsprechendes Gesetz mit einer Frist gebe, wann ein unbesetztes Mandat wieder besetzt werden müsse; wenn niemand anderer genannt werde, gehe man nach der formalen Listenreihung vor.

Verfassung lässt grüßen

Doch Parlamentarismusexperte Werner Zögernitz stellt im STANDARD-Gespräch sehr wohl klar, dass die Liste Pilz "noch im Laufe dieser Woche" entscheiden müsse, wer Kolbas Mandat übernimmt. Denn am Montag, dem 11. Juni, stehe eine Sondersitzung des Parlaments zu den Verfassungsschutzaffären an, und das bedeute: "Bis dahin muss der Nationalrat wieder verfassungskonform mit 183 Mandataren zusammengesetzt sein", so Zögernitz. Im äußersten Fall müsste dann eben die Bundeswahlbehörde für die Nächstgereihte den Wahlschein für das Mandat ausstellen.

Alfred Noll postet lieber als zu telefonieren.

Also für Stern – oder übernimmt doch Noll? Wie der Klub demnächst bei einer weiteren Krisensitzung entscheidet, ist ungewiss. Denn auch Letzterer gibt sich zugeknöpft – und ist für die Medien nicht erreichbar, wohl aber diskutiert Noll regelmäßig im STANDARD-Forum. Einem User, der unlängst meinte, dass sich die Abgeordneten "wegen Pilz in den Haaren liegen", ohne dass dieser eingreife, bestätigte Noll am Sonntagnachmittag: "Aliquam veridicus." Heißt übersetzt: "Ziemlich wahr." (Marie-Theres Egyed, Michael Völker, Nina Weißensteiner, 4.6.2018)