Gesucht war ein bekannter Treffpunkt, bewacht von zehn Statuen römischer Politiker: Die Figuren stehen im "historischen Sitzungssal" des Parlaments. Hier treffen sich Nationalrat und Bundesrat zur Bundesversammlung – und zwar nur aus zwei Gründen: entweder wegen des Bundespräsidenten (der angelobt, behördlich verfolgt oder abgesetzt werden soll), oder aber: Österreich erklärt den Kriegsfall. Derzeit treffen sich in diesem Saal allerdings nur die Bauarbeiter, das Parlamentsgebäude wird ja saniert. Im Ernstfall käme die Bundesversammlung im Großen Redoutensaal der Hofburg zusammen, also im jetzigen Ausweichquartier von Nationalrat und Bundesrat. Der Saal ist groß genug, dass beide zugleich hineinpassen.
Ein Polizeifoto vom 7. April 1918 und eine Schlagzeile vom 6. April 1919: Sie markierten das letzte Lebensjahr eines prominenten Straftäters. Ob sein Begräbnis wirklich das meistbesuchte seit dem Tod des Kaisers Franz Joseph war oder ob das bloß wieder eine Legende ist – fest steht, dass der "Schani", der raffinierte Einbrecherkönig aus Meidling, beim Volk durchaus populär war. Sein bürgerlicher Name lautete Johann Breitwieser.
Jedenfalls wird er heute so buchstabiert. Zu seinen Lebzeiten aber war noch eine zweite Schreibung geläufig, sogar in amtlichen Dokumenten: Auf seiner Anklageschrift wegen Fahnenflucht etwa wurde sein Name handschriftlich zu "Braitwieser" korrigiert. Auf seinem wohl bekanntesten Bild, dem besagten Polizeifoto, steht ebenfalls "Braitwieser" mit "ai", und so buchstabierte ihn dann auch die "Illustrierte Kronen-Zeitung" in ihrer Schlagzeile. Natürlich präsentierte unser Rätsel extra diese ungewohnten Beispiele, damit es nicht zu einfach wird …
Die seltsamen Punkte waren stark vergrößert abgebildet, in Wahrheit messen sie nur wenige Millimeter: Sie bildeten die untere Hälfte des Bundesadlers – jedenfalls jener jämmerlichen Darstellung, die auf manchen Weinflaschen zu finden ist. Seit dem Weinskandal von 1985 (das zum Panschen verwendete Diethylenglykol taugt auch als Frostschutzmittel, daher der Rätselhinweis zum "Gefrierpunkt") muss jeder "Qualitätswein" eine rot-weiß-rote Banderole auf dem Verschluss tragen: Links steht der Kennbuchstabe der Banderolendruckerei, rechts die Betriebsnummer, dazwischen das Staatswappen – wobei der Bundesadler oft auf eine wenig majestätische Skizze reduziert ist. Die sieben Patzen, auf die unser Pfeil zeigte, sollen dabei den Hammer darstellen.
Die tanzende Figur war "Die unzufriedene Schildkröte" aus dem gleichnamigen Kinderbuch aus dem Jahr 1979, illustriert von einem deutscher Künstler, doch verfasst von der damals 36-jährigen Chris Lohner. Im selben Jahr brachte sie auch eine Langspielplatte mit dem Titel "Wer bin ich wirklich?" heraus. Da eine angenehme Stimme nicht automatisch Gesangstalent bedeutet, beschränkt sich ihre Darbietung weitgehend auf musikuntermalten Sprechgesang mit teils skurrilen Texten (das zitierte Beispiel aus dem Song "Grüne Witwe" ist übrigens auch auf YouTube zu finden).
Den "Niveauunterschied" erwähnt Lohner in ihrer Eigenschaft als Stimme der ÖBB, nämlich im tausendfach gehörten Hinweis: "Beachten Sie bitte beim Aussteigen den Niveauunterschied zwischen Zug und Bahnsteig!"
Vier gleiche Bauteile lagen da. Doch wer sie zusammenfügen wollte wie ein Puzzle, musste scheitern: Nicht die vier Teile selbst bildeten die gesuchte Form – sondern der Leerraum, der übrig blieb, wenn man sie auf die dunkle Fläche legte. So erschien ein Kruckenkreuz, ursprünglich ein religiöses Symbol, das aber in Österreich politisch vereinnahmt wurde: Ab den Zwanzigerjahren ließ Bundeskanzler Ignaz Seipel, im Hauptberuf Priester, das Zeichen auf die 2- und 5-Groschen-Münzen prägen. 1933 wählte die Vaterländische Front das Kruckenkreuz als Parteisymbol, so dass es bald darauf, unter der Diktatur der Einheitspartei, faktisch zum Staatssymbol wurde. Ab 1936 war es auch per Gesetz "der Staatsflagge gleichzuhalten", bis 1938 das nationalsozialistische Hakenkreuz seinen Platz einnahm.
Ende der Fünfzigerjahre reichte es, Gedichte ohne Satzbau und Großbuchstaben zu veröffentlichen – und schon wurde Ernst Jandl als "Verderber der Jugend" angefeindet. Bereits ein Jahrzehnt später war das Publikum nicht mehr so leicht zu schockieren: Da mussten die jungen Künstler zu ganz anderen Mitteln greifen, etwa zu ihrem Kot und Erbrochenen. Der unkenntlich Gemachte auf dem Foto war Günter Brus, der sich bei der berühmten "Uni-Ferkelei" 1968 wohl am wildesten aufgeführt hat. Wobei dieser Titel eine Schöpfung der Boulevardpresse ist, die Darsteller selbst nannten ihr Happening "Kunst und Revolution".
Natürlich ist gar nichts verboten am Lied "Komm, lieber Mai, und mache". Aber wer sich das Notenblatt im Rätsel genau anschaute, dem fiel auf: Über dem fröhlichen Liedtext standen ganz andere Noten – nämlich die Melodie der Tiroler Landeshymne "Zu Mantua in Banden der treue Hofer war". Vom Takt und der Silbenzahl her passte das zwar ganz gut, aber juristisch wäre das früher ein Problem gewesen. Denn 1948 hatte der Tiroler Landtag folgendes Gesetz beschlossen: "Text und Melodie des Andreas-Hofer-Liedes bilden ein untrennbares Ganzes. Es ist daher verboten, seinen Text nach einer anderen Melodie und zu seiner Melodie einen anderen Text zu singen." Zuwiderhandlung wurde "mit Geld bis 1000 Schilling oder mit Arrest bis vier Wochen bestraft", nach dem letzgültigen Wechselkurs entsprach das 72,67 Euro.
Unsinnig war dieses Verbot von Anfang an, weil schon damals mehrere Lieder mit derselben Melodie existierten, darunter das Arbeiterkampflied "Dem Morgenrot entgegen". Doch erst als 2004 ein Tiroler Schützenfunktionär die Jusos anzeigte, weil sie öffentlich dieses Arbeiterlied gesungen hatten, wurde das Gesetz reformiert. Seither müsste man der Hymne eine "entstellende Veränderung" antun oder "die ihr gebührende Achtung verletzen", um sich strafbar zu machen. Dann wären bis zu 2000 Euro fällig, aber immerhin kein Arrest mehr.
Ein Beistrich direkt nach einem Gedankenstrich – so wie in diesem Satz hier –, das ist durchaus korrekt. Und auch all die Strichpunkte, Apostrophe und Auslassungspunkte in der Rätselfrage entsprachen dem amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung, das für Österreich, Deutschland und die Schweiz gleichermaßen gilt.
Der gesuchte "Interpunktions-Austriazismus" war ein unsichtbarer: Es handelte sich um die fehlenden Abkürzungspunkte bei "zB". Denn laut amtlichem Regelwerk werden Abkürzungen wie "z. B." oder "u. Ä." eigentlich mit Punkten und Leerzeichen geschrieben. Nur in Österreich sind Varianten wie "zB" oder "uÄ" zugelassen – wenngleich kaum im Einsatz. Im STANDARD findet man sie üblicherweise nicht (außer eben in der Rätselzeile: "dass man zB ‚das Joghurt‘ sagt"). Das Österreichische Wörterbuch hingegen verwendet in seinen Text kapiteln konsequent die Form "zB".
Zweckentfremdete Gebäude in Wien, und zwar ausgerechnet vier: Gesucht waren die Hauptquartiere der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Amerikaner saßen in der Nationalbank, die Briten wählten Schloss Schönbrunn – wobei freilich jede Siegermacht nicht nur ein Gebäude beschlagnahmte, sondern Dutzende, deren Funktionen man noch genauer unterscheiden könnte: So war etwa das Hotel Imperial das sowjetische Hauptquartier für ganz Österreich, während im Palais Epstein die Stadtkommandantur der Sowjets saß, zuständig nur für Wien.
Das Hotel Kummer an der Mariahilfer Straße (den Schriftzug auf dem Dach hatten wir verpixelt) diente der französischen Militärregierung als Quartier in Wien. Das Hauptquartier der Franzosen befand sich indes in Innsbruck, in der französischen Besatzungszone Tirol und Vorarlberg.
Eigentlich stimmte es nicht, was da 1920 im Bundes-Verfassungsgesetz stand: "Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Ländern: Burgenland, Kärnten …" Tatsächlich gehörte das Burgenland damals noch zu Ungarn. Erst Ende 1921 fiel das Gebiet offiziell an Österreich, bis dahin lag es in den ungarischen Bezirken Moson, Sopron und Vas.
Die deutschen Namen dieser drei Komitate lauten Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg, nach den jeweiligen Städten dort – und diese wiederum liegen bis heute in Ungarn, das heißt: Keine einzige der namensgebenden Burgen befindet sich tatsächlich im Burgenland.
Ohnehin war lange unklar, wie es heißen soll. In mehreren Verfassungsentwürfen findet sich die Bezeichnung "Heinzenland". Sie setzte sich aber nicht durch, unter anderem weil die "Heinzen" ein umgangssprachlicher Spottbegriff waren. Der Wortteil "Heinz…" wurde also letztlich in "Burg…" geändert – so wie es die Bilder im Rätsel andeuteten: Sie zeigten den vormaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer und einen Biberbau, fachsprachlich "Burg" genannt.
Der Misthaufen auf dem Foto wurde am 4. November 1988 vors Wiener Burgtheater gekippt, aus Protest gegen Thomas Bernhards legendäres Stück "Heldenplatz", das an jenem Abend Premiere hatte. Wobei das Legendäre daran ja eher die Narretei der Vorwochen ist.
Die Wiener Kulturstadträtin Ursula Pasterk fasste es – noch vor der Premiere – so zusammen: "Es haben sich unendlich viele Politiker, wie ich glaub’, zum Teil auch unendlich blamiert, indem sie zu einem Stück Stellung nehmen, das sie nicht kennen."
Gefragt war nach dem Namen des Mathematikprofessors, von dessen Selbstmord "Heldenplatz" handelt: Er hieß Josef Schuster.
Wer alle elf Antworten richtig eingetippt hatte, hatte damit auch das Buchstaben-Durcheinander aufgelöst – übrig blieben nur diese achtzehn: "BVGARTZWEIWORTVIER". Ergänzt um ein paar sinnvolle Satzzeichen und Lücken hieß das: B-VG, Art. zwei, Wort vier. Der zweite Artikel des Bundes-Verfassungsgesetzes beginnt mit diesen Worten: "Österreich ist ein BUNDESSTAAT". Letzteres war das gesuchte Lösungswort.
(Rätsel: Oliver Rezec, 9.6.2018)