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Carsharing, Elektrofahrzeuge und andere Innovationen könnten den Energiebedarf des Personenverkehrs bi 2050 um 60 Prozent senken.

Reuters

Laxenburg/Wien – Angesichts der Klimapolitik von US-Präsident Donald Trump und des angekündigten Ausstiegs der führenden Weltmacht aus dem Klimaabkommen von Paris scheint auch dessen Hauptziel in weite Ferne gerückt: Wie sollen wir es schaffen, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, wenn so viele politische, aber auch demografische Trends allem Anschein nach dagegen sprechen?

Ein internationales Forscherteam um den renommierten Energieexperten Arnulf Grübler vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (Iiasa) in Laxenburg macht angesichts aktueller technologischer und sozialer Trends Hoffnung: Wie die Experten errechneten, könnte die Menschheit bis 2050 Energie so effizient erzeugen und nutzen, dass die maximal 1,5 Grad Celsius Erwärmung erreichbar wären.

Global steigender Lebensstandard

Was besonders optimistisch stimmt: Dies würde sogar funktionieren, wenn die Menschen auf der Nordhalbkugel durch den weiter steigenden Lebensstandard bis 2050 um 80 Prozent mehr Geräte anschaffen würden als heute, und auf der Südhalbkugel sogar dreimal so viele. Mitbedacht wurde auch, dass die Menschheit im Jahr 2050 doppelt so viele Reisekilometer zurücklegen wird und die Nahrungsmittelproduktion um ein Drittel zulegen muss, um die um 20 Prozent gewachsene Weltbevölkerung zu versorgen.

Worauf stützen sich die Experten dann bei ihrem optimistischen Szenario? Grübler und seine Kollegen untersuchten für ihre Studie im Fachmagazin Nature Energy eine breite Palette von Innovationen, die noch nicht "Mainstream" sind und sich zum Teil auch erst in der Testphase befinden: So könnten etwa gemeinsam genutzte, energieeffizientere Elektrofahrzeuge den globalen Energiebedarf für den Verkehr bis 2050 um 60 Prozent senken und gleichzeitig die Anzahl der Fahrzeuge auf der Straße reduzieren.

Gemeinsames Benutzen statt Besitzen

Aber auch Smartphones können zu diesen Trends beitragen, indem sie etliche andere Apparate (Musikanlage, Fernseher oder Kameras) ersetzen. Dazu kommt ein wachsender Trend bei jungen Leuten, eher Services in Anspruch zu nehmen (wie beim Carsharing), anstatt Dinge selbst zu besitzen. Das allein könnte den Energiebedarf der "digitalen Welt" um 15 Prozent reduzieren.

Dazu brauche es aber auch strenge Standards für die Energieeffizienz von Neubauten sowie die Renovierung bestehender Gebäude. Das könne den Energiebedarf durch Heizung und Kühlung bis 2050 um 75 Prozent reduzieren. Darüber hinaus kann die Umstellung auf eine gesündere Ernährung mit weniger Fleisch die Emissionen aus der Landwirtschaft deutlich reduzieren. Insgesamt wäre durch solche Umstellungen eine Reduktion des weltweiten Gesamtenergiebedarfs bis zum Jahr 2050 um 40 Prozent im Vergleich zu heute möglich.

Epochale Anstrengungen sind nötig

Zugleich ist Grübler und seinen Kollegen klar, dass dafür "noch nie dagewesene Anstrengungen" nötig seien: Die Politiker müssten die Energie- und Umweltstandards verschärfen, die Unternehmen neue Technologien entwickeln und forcieren, und wir Konsumenten müssen unser tägliches Leben entsprechend ändern. Der Lohn wäre ein "gutes" Anthropozän, wie die Forscher schreiben: ein vom Menschen geprägtes Erdzeitalter, in dem unser Wunsch nach einem guten Leben nicht in Konflikt mit dem Ziel der Erhaltung der Umwelt stehen muss. (Klaus Taschwer, 4.6.2018)