Microsoft-Chef Satya Nadella kauft Open Source ein.

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Microsoft hat den Onlinedienst Github am Tag von Apples Entwicklerkonferenz gekauft. Das hat das Unternehmen am Montag bekanntgegeben. Der Kaufpreis liegt bei 7,5 Milliarden Dollar in Aktien. Für Github bedeutet der Preis einen drastischen Wertanstieg: Bei der vergangenen Finanzierungsrunde im Jahr 2015 sei die Plattform noch mit zwei Milliarden Dollar bewertet worden, berichtete der Finanzdienst Bloomberg am Wochenende.

Github erlaubt es Softwareentwicklern, ihre Projekte zu teilen. Andere Nutzer können diese dann herunterladen und selbst weiter verbessern, wodurch es für Gruppen leichter wird, miteinander zu arbeiten. Die Plattform basiert auf einer freien Software zur Versionsverwaltung, Git, die ursprünglich von Linux-Initiator Linus Torvalds entwickelt wurde. Mit der Übernahme geht Microsoft neue Wege.

Herzstück von Github ist quelloffene Open-Source-Software. Lange Jahre hatte das Microsoft-Management um dem früheren CEO Steve Ballmer die Open-Source-Bewegung regelrecht verteufelt – und setzte stattdessen auf seine proprietäre Cashcow Windows. Die letzte große Übernahme der Windows-zentrierten Ballmer-Ära war der Kauf der Handy-Sparte von Nokia, die Microsoft an Ende fast zehn Milliarden Dollar kostete. Doch auch mit eigenen Geräten schaffte es der Konzern nicht, Windows als Betriebssystem-Plattform im Smartphone-Markt zu etablieren und zog den Stecker.

Open-Source-Veteran Friedman übernimmt

Nat Friedman, bisher Vizepräsident für Developer Services von Microsoft, wird der neue CEO von Github. Chris Wanstrath, der ehemalige Chef der Plattform, hatte seinen Rücktritt bereits im August verkündet – seitdem war die Firma auf der Suche nach einem Nachfolger. Er hätte eine solche Nachricht beim Start der Plattform vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten, schrieb Wanstrath. Lange hätten Open Source und Business als etwas gegolten, was sich so gut wie Öl und Wasser vermischen lasse. Bei Microsoft soll Wanstrath künftig an "strategischen Software-Initiativen" arbeiten.

Gemunkelt wird, dass der Einsatz von Friedman erfolgt, um Kritik innerhalb der Entwicklerszene entgegenzusteuern. Im Vorfeld hatten US-Medien bereits über die Gespräche zur Übernahme berichtet – viele Entwickler wechselten daraufhin aus Protest von Github zu der Konkurrenzplattform Gitlab.

"Microsoft ist ein Unternehmen, das Entwickler an die erste Stelle setzt. Durch unseren Zusammenschluss stärken wir unser Commitment zu Entwicklerfreiheit, Offenheit und Innovation", sagte Microsoft-Chef Satya Nadella. In einem Eintrag auf dem Unternehmensblog versichert Microsoft, dass Github weiterhin unabhängig betrieben wird. Es solle eine Plattform für Entwickler aller Branchen bleiben – Einschränkungen in Bezug auf Programmiersprache, Tools und Betriebssystem werde es nicht geben.

Beliebte Plattform

Ungefähr 28 Millionen Entwickler nutzen Github, aber auch bei großen Unternehmen, etwa Google und Facebook, ist der Dienst beliebt. Diese teilen Projekte, Programme und die zugehörige Dokumentation auf der Plattform. Das Unternehmen mit den meisten Mitwirkenden ist aber Microsoft selbst. Seitdem Nadella es als CEO übernommen hat, investiert Microsoft massiv in Open-Source-Lösungen, also Software, die einen offenen Quelltext hat und von Dritten frei genutzt und erweitert werden kann. Etwa sind Power Shell, Visual Studio Code und die Javascript-Engine des Browsers Microsoft Edge heute Open-Source-Projekte, außerdem unterstützt Windows 10 mittlerweile Linux. Entsprechend macht es für Microsoft Sinn, Github zu kaufen. Zudem ist der Draht, der dadurch zu Entwicklern entsteht, nicht zu unterschätzen. Microsoft hätte so einen direkten Kontakt zu zahlreichen Entwicklern.

Satya Nadella nach der Übernahme. Chef von Github wird Nat Friedman (rechts), der sich Sporen bei zahlreichen Open-Source-Projekten verdiente.
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Cloud-Service integrieren

Ein weiterer Grund könnte Microsofts Streben im Cloud-Geschäft sein, wo das Unternehmen Speicherplatz und IT-Dienste im Netz anbietet. In diesem Bereich legt die Firma aktuell rasant zu – im vergangenen Quartal gab es ein Umsatzplutz von 56 Prozent. Marktführer ist aber immer noch Amazon. Github bietet die Möglichkeit, Softwareprojekte zu teilen und zum Download zur Verfügung zu stellen, nicht aber, sie auszuführen. Für kleinere Programme, die nur einen Computer brauchen, ist das unproblematisch, bei größeren, komplexeren Projekten, die über das Netzwerk laufen, sind aber Cloud-Services wie jene von Amazon oder eben Microsoft selbst notwendig. Schafft es das Unternehmen hier, eine effektive Integration einzubauen, könnte es sich einen großen Vorteil gegenüber den Konkurrenten verschaffen. (Muzayen Al-Youssef, Markus Sulzbacher, 4.6.2018)