Unicredit-Tochter Bank Austria hat sich ihrer hauseigenen Pensionslasten entledigt, was ihr nun Klagen einbringt.

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Die Übertragung von rund 3300 Mitarbeitern der Bank Austria (BA) ins staatliche Sozialversicherungssystem (ASVG) beschert den Juristen am Arbeitsund Sozialgericht Wien viel Beschäftigung. In den vergangenen zwei Monaten sind dort genau 50 Klagen gegen die österreichische Unicredit-Tochter eingelangt, weitere zehn bis 15 werden folgen.

Die Kläger – allesamt de facto unkündbare Beschäftigte der Bank mit Anspruch auf eine Bankpension und von der Wiener Kanzlei Gerlach Rechtsanwälte vertreten – wehren sich dagegen, dass sie ihr Arbeitgeber per Frühling 2016 vom bankeigenen Versicherungssystem in jenes des Staates bugsiert hat. Auf diese Weise sind sie etwa vom Krankenversicherer KfA (Krankenfürsorgeanstalt für öffentliche Bedienstete der Stadt Wien) zur Wiener Gebietskrankenkasse übersiedelt. Und statt einer aus dem Institut gespeisten Bankpension bekommen sie nun eine simple und geringere ASVG-Pension. Als Kompensation für die damit verbundenen Verschlechterungen bzw. für die Mehrbelastung bei den Pensionsbeitragszahlungen bekamen die Banker Ausgleichszahlungen.

Zustimmung einholen

All das wollen die Kläger nun gerichtlich rückgängig machen lassen oder (sollte ihnen das nicht gelingen) mit mehr Geld abgegolten wissen. Vereinfacht gesagt wollen sie, dass das Gericht feststellt, dass die auf Basis einer Betriebsvereinbarung erfolgte Übertragung vom einen ins andere System nicht zulässig gewesen ist. Vielmehr hätte die Bank Austria die Zustimmung von jedem einzelnen Betroffenen einholen müssen, lautet ihr Argument. Sollte das Gericht dem nicht folgen und die Übertragung als rechtlich zulässig ansehen, dann wollen die Banker: mehr Geld als sie für die Übersiedlung ins staatliche ASVG bekommen haben. Die ASVG-Pension ist niedriger, als es die Bankpension gewesen wäre, und die Mitarbeiter müssen nun (anders als früher) auch selbst Beiträge an den staatlichen Pensionsversicherer PVA abliefern.

Um all das abzufedern, hatte die Bank in Summe fast eine halbe Milliarde Euro springen lassen – zu wenig, heißt es in den Klagen. Arbeitgeber Bank Austria habe die Abschlagszahlungen für geringere Krankenversicherungsleistungen und niedrigere Pensionen quasi über einen Kamm geschert.

Vorwurf der Diskriminierung

Vor allem teilzeitbeschäftigte Frauen mit Kindern seien bei der "Abfederung" gegenüber männlichen Kollegen massiv schlechter gestellt worden. Laut Musterberechnungen der Klägeranwälte geht es da um Unterschiede von bis zu 195 Prozent. Bei den Ablösezahlungen durch den Arbeitgeber sei das aber eben nicht berücksichtigt worden.

An dem Punkt bringt Anwalt Roland Gerlach auch EU-Recht ins Spiel, wie er auf Anfrage des STANDARD erklärt. Er ortet da eine verbotene mittelbare Diskriminierung. Sollte das ASG das auch tun, könnte es die Causa dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorlegen. Die eingeklagten Beträge liegen, je nach Fall, bei 100.000 bis 300.000 Euro.

Kein Kommentar der Bank

Die Bank Austria will dazu nichts sagen, man kommentiere laufende Verfahren nicht, sagte ein Sprecher des Instituts. Aus Juristenkreisen war aber zu erfahren, dass sich die Bank bei der Abwehr der Klage u. a. auf ein Gutachten des Wiener Arbeitsrechtlers und Universitätsprofessors Walter Schrammel stützt.

Die Übersiedlung der 3300 Mitarbeiter ins ASVG hatte ab Ende 2015 für Riesenwirbel, eine Gesetzesänderung und Rechtsstreitigkeiten gesorgt. Die Bank lagere ihre Verpflichtungen auf Kosten der Steuerzahler aus, wurde kritisiert.

Langer Rechtsstreit

Die Bank wollte zunächst nur sieben Prozent (von der Höchstbeitragsgrundlage der Versicherten) als Überweisungsbetrag an die PVA zahlen. Nach einer Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG, "Lex Bank Austria") wurden es dann 22,8 Prozent. Die Folge: Statt der geplanten 224 Millionen überwies die BA 729 Mio. Euro. Der folgende Rechtsstreit der BA ging von PVA über Bundesverwaltungsgericht bis Verfassungsgerichtshof – und der hat am Übertragungszinssatz nicht gerüttelt.

In vier der BA-Causen hat es schon erste Verhandlungen gegeben, im September werden die nächsten folgen. Geplant ist, einige Musterverfahren zu führen. Dass die BA in Richtung Vergleich einlenkt, ist eher nicht zu erwarten. Immerhin könnten sonst auch die übrigen ins ASVG bugsierten Mitarbeiter Appetit auf mehr bekommen. (Renate Graber, 1.6.2018)