Am Beginn eines Arbeitsverhältnisses steht in den meisten Fällen "die Bewerbung". Als Bewerber ist man bemüht, seine Bewerbungsunterlagen möglichst ansprechend zu gestalten, um den Arbeitgeber davon zu überzeugen, der am besten geeignete Kandidat zu sein. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist der Arbeitgeber aufgrund der sogenannten "Abschlussfreiheit" nämlich grundsätzlich frei in der Entscheidung, mit welchem Bewerber er ein Arbeitsverhältnis eingehen möchte, und unterliegt daher in der Wahl des Kandidaten prinzipiell keinen Beschränkungen.

Wie in so vielen Fällen im Arbeitsrecht gibt es allerdings auch hier eine Ausnahme von diesem Grundsatz – nämlich das arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsgebot. Demnach darf der Arbeitgeber weder bei der Stellenausschreibung noch bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses jemanden aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung diskriminieren. Es ist daher unzulässig, dass ein Arbeitgeber eine Person nicht einstellt oder eine Bewerbung gleich von vornherein unberücksichtigt lässt, weil sie eines der oben genannten Merkmale aufweist (z. B. weil ein Bewerber älter als 50 Jahre ist).

Verletzung des Gleichbehandlungsgebots

Bei Verletzung dieses Gleichbehandlungsgebots kann der betroffene Bewerber Schadenersatzansprüche zum Ersatz des Vermögensschadens (Entgang des Entgelts) und als Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung geltend machen. Hätte der Bewerber die Stelle bei diskriminierungsfreier Auswahl erhalten, sieht das Gesetz einen Mindestschadenersatz von zwei Monatsentgelten vor. Auch ein Bewerber, der die Stelle zwar nicht erhalten hätte, weil es beispielsweise einen besser geeigneten Kandidaten gab, dessen Bewerbung aber von Beginn an aus diskriminierenden Gründen nicht berücksichtigt worden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber allerdings eine Anspruchsdeckelung mit dem Betrag von 500 Euro festgelegt.

Bei Geltendmachung von Schadenersatzanspruch aufgrund einer Verletzung des Diskriminierungsverbots trifft den Bewerber eine erleichterte Beweislast. So muss er lediglich "glaubhaft machen", dass er den Job aus diskriminierenden Gründen nicht erhalten hat. Damit der Bewerber seine Schadenersatzansprüche erfolgreich geltend machen kann, muss er eine entsprechende Klage binnen sechs Monaten ab Ablehnung der Bewerbung bei Gericht einbringen. Eine verspätete Einbringung würde zu einer Abweisung der Klage führen.

Scheinbewerbungen wegen Schadenersatzanspruches

Aufgrund dieses Schadenersatzanspruches kommt es in der Praxis hin und wieder zu sogenannten "Scheinbewerbungen". Personen bewerben sich bei einem Unternehmen, um bei einer anschließenden Ablehnung mit der Behauptung, diskriminiert worden zu sein, den Mindestschadenersatz zu verlangen. Tatsächlich wollten sie aber den Job gar nicht.

Sofern man als Arbeitgeber zumindest glaubhaft machen kann, dass der Bewerber in Wahrheit ein "Scheinbewerber" ist und nie die Absicht hatte oder haben konnte, tatsächlich den Job anzunehmen, besteht kein Schadenersatzanspruch, da mangels Arbeitswillens durch die Ablehnung der Bewerbung kein Schaden entstanden ist. Grundsätzlich rate ich jedem, der sich gerade überlegt, ob dies ein gutes Geschäftsmodell sein könnte, von derartigen Scheinbewerbungen dringend ab, da dies unter Umständen auch strafrechtlich relevant und geahndet werden könnte.

Immer häufiger kommt es vor, dass sich eine Person mit zwei verschiedenen "Profilen" auf einen Job bewirbt. Insbesondere bei älteren Arbeitssuchenden, die kontrollieren wollen, ob sie wegen ihrem Alter nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden.
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Es kommt allerdings nicht nur zu Scheinbewerbungen von gänzlich Arbeitsunwilligen – das ist in der Praxis zugegebenermaßen auch eher die Ausnahme, selbst wenn es tatsächlich vorkommt. Immer häufiger kommt es vor, dass sich eine Person mit zwei verschiedenen "Profilen" auf einen Job bewirbt. Insbesondere im Falle von älteren Arbeitssuchenden kommt es vor, dass sie sich einmal mit ihrem echten Lebenslauf und einmal unter einem fiktiven Namen als jüngerer Bewerber um einen Job bewerben, um so zu kontrollieren, ob sie vielleicht wegen Ihres Alters nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.

Im Falle einer behaupteten Diskriminierung muss der Arbeitgeber wiederum nachweisen, dass sachliche Gründe gegen den Bewerber gesprochen haben und keine Diskriminierung vorliegt.

Genau dokumentieren

Bei der Prüfung der Sachlichkeit der Begründung sind die Gerichte auch durchaus streng. Unter Bezugnahme auf das Diskriminierungsverbot entschied der Oberste Gerichtshof zum Beispiel, dass eine Bewerberin, die sich für eine Stelle als Zimmerin bewarb und die mit dem Hinweis, Frauen hätten zu wenig Kraft für die Ausübung dieses Berufs, abgelehnt wurde, Anspruch auf Schadenersatz hatte. Auch eine Nichtberücksichtigung einer Bewerbung mit der Begründung, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, stellte nach Judikatur des OGH einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar.

Arbeitgebern sei daher empfohlen, den Auswahlprozess genau zu dokumentieren und auch zu dokumentieren, welche Gründe den Ausschlag für die erfolgreiche Bewerbung gegeben haben. Wenn dies nämlich nicht sofort dokumentiert wird, kommt es in der Praxis oft vor, dass Monate später der Entscheidungsfindungsprozess nicht mehr ausreichend genau für einen Arbeitsprozess nachvollzogen werden kann. (Stephan Nitzl, 22.6.2018)