Leerstehend, aber nicht ohne Spuren von Leben – so könnte man den alten APA-Turm in der Gunoldstraße beschreiben.

Foto: Redl

Nachbarn berichten, dass immer wieder Menschen aus dem Gebäude kommen.

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Auch ein Rundgang zeigt, dass das Haus nicht ungenutzt ist.

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Die U4 fährt langsam in die letzte Station ein, bleibt kurz stehen – wie so oft an dieser Stelle zwischen Spittelau und Heiligenstadt. Ganz automatisch fällt der Blick der Fahrgäste durchs Fenster auf jenes verlassene und heruntergekommene Haus, das sich einst noch prestigeträchtig Internationales Pressezentrum nannte. Vielen Wienern besser bekannt als APA-Turm, ist das Gebäude an der Ecke Muthgasse/Gunoldstraße wohl eines der bekannteren leerstehenden Objekte der Stadt.

Obwohl: Ganz leer ist der Bau offenbar nicht, wie aus der Nachbarschaft zu hören ist. "In der Nacht kommen immer wieder Menschen raus, dann ist auch die Polizei da", wissen Mitarbeiterinnen der gegenüberliegenden Tankstelle zu erzählen.

Und auch der Lokalaugenschein des Standard in Gestalt eines Rundgangs um das mit Zäunen abgeschirmte Areal zeigt, dass hier wohl immer wieder Menschen unterkommen oder sich aufhalten. Graffitis zieren die Innenseiten der Fenster, in einem der obersten Stockwerke wirkt es so, als würde jemand Kleidung auf einer Wäscheleine trocknen. Aufmerksamen Beobachtern entgeht zudem nicht, dass immer wieder auch Personen auf dem Dach des seit 2005 leerstehenden Turms zu sehen sind.

Im Außenbereich sind die Spuren längst vergangener, besserer Tage zu erahnen. Auf dem Parkplatz hinter dem Gebäude sind die Stellplätze noch bestimmten Kfz-Kennzeichen zugeordnet. Daneben liegen die Scherben der zerbrochenen Fenster, ein kaputter Sessel und eine halbe Tür."

Tadellose Substanz

"Dass in den APA-Turm nicht längst wieder Leben eingezogen ist, dafür gibt es – je nachdem, wen man fragt – unterschiedliche Gründe. Der Besitzer des Turms ist seit 2013 der bekannte Wiener Architekt Heinz Neumann. Er möchte das Haus "wieder herrichten", wie er sagt, weil er ein Gegner ist "vom Wegreißen einer tadellosen Substanz". Weil die Gemeinde Wien aber nicht bereit sei, den Turm seinen Wünschen entsprechend umzuwidmen, "steht das Gebäude traurig und dumm herum", so der Architekt.

Er will im einstigen APA-Turm Platz für Start-ups schaffen. Für Neumann heißt das: Wohnen und Arbeiten in einem, denn klassische Büros gebe es genug. "Aber Wohnen und Arbeiten in einer Wohnung, das sieht die Bauordnung leider nicht vor." Seit Jahren bemühe er sich darum, "dort eine vernünftige Umwidmung zu bekommen", so Neumann.

Der Bezirksvorsteher des 19. Bezirks, Adolf Tiller (ÖVP), setzt dem entgegen: "Herr Neumann hat für sein Haus eine rechtsgültige Baubewilligung. Wenn er die derzeitige Höhe belässt, darf er ein Wohn- oder ein Bürogebäude daraus machen."

Tiller vermutet jedoch, dass Neumann noch abwarten will, was rund um seinen Turm gebaut wird, ehe er die Sanierung in Angriff nimmt. Denn für das Grätzel läuft seit mittlerweile drei Jahren ein kooperatives Planungsverfahren. Für weitere Hochhäuser gibt es Pläne, der Flächenwidmungsbeschluss lässt aber noch auf sich warten, so Tiller: "Neumann will vermeiden, dass er aus seinem Turm jetzt beispielsweise ein Studentenheim macht und rundherum dann weitere Studentenheime gebaut werden."

U4-Station "notwendig"

Auch der Bezirk selbst hat große Pläne für den Standort. Dazu gehört eine U4-Station bei der Gunoldstraße, dafür habe man sogar schon einen Geldgeber gefunden, dessen Namen er freilich nicht verraten wolle, so Tiller. Die Station sei notwendig, weil dort "schon bald 3500 Menschen dazukommen werden", wie Tiller sagt: "Wie sollen die alle mit dem D-Wagen fahren?"

Ob in den geplanten Hochhäusern Wohnungen oder Büros entstehen, sei noch nicht fix, jedenfalls würde aber die Modul-Universität mit 700 Studierenden in dem Gebiet unterkommen, die Standorte Peter-Jordan-Straße und Kahlenberg würden dorthin verlegt. Zudem wünscht sich der Bezirk eine Grünverbindung zum Wertheimsteinpark. Auch hier, so Tiller, sei die Stadt Wien mit der Planung aber noch hinten nach.

Das städtebauliche Konzept für die Entwicklung des gesamten Areals rund um die Kreuzung Gunoldstraße und Muthgasse wäre allerdings seit drei Jahren fertig, es stammt von Zechner & Zechner sowie Kleboth Lindinger Dollnig und Monsberger Gartenarchitektur. Es sieht insgesamt vier bis zu 80 Meter hohe Türme vor, mit zumindest in den Sockelzonen gemischter Nutzung und zwei Erschließungsebenen, "eine für Autos und Bahnen, eine für Fußgänger und Radfahrer", erklärt Architekt Andreas Kleboth dem Standard. Außerdem werden darin die Verlängerung der Muthgasse nach Süden samt Schaffung zweier kleiner Parks sowie der auch von Tiller gewünschte durchgehende Grünraum, im Westen bis zum Wertheimsteinpark, im Osten bis zum Donaukanal, als Ziele genannt.

"Diffiziles" Grundstück

Für Kleboth ist das Projekt abgeschlossen, den aktuellen Stand der Planung kennt er selbst nicht. Warum es mit der Entwicklung so lange dauert, führt er auf das "diffizile" Grundstück zurück, das viele unterschiedliche Eigentümer habe und wo es viele "Bedingungen" gebe, etwa die Trassen von ÖBB und Wiener Linien.

Stichwort U-Bahn: Eine neue Station bei der Gunoldstraße hätte zwar gut ins städtebauliche Konzept gepasst, sei aber aus wirtschaftlichen Gründen eher nicht sinnvoll, so der Architekt. "Viel wichtiger sind die fußläufigen Verbindungen", etwa zur U-Bahn-Station Heiligenstadt, zu den Parks und zum Donaukanal.

Für wenig sinnvoll hält auch Grünen-Planungssprecher Christoph Chorherr eine neue U-Bahn-Station aus wirtschaftlichen Gründen. "Unabdingbar ist jedoch ein stadteinwärts gelegener Zugang zur U-Bahn-Station, welcher das Gebiet unmittelbar erschließen wird." Aus seiner Sicht sind die Liegenschaftseigentümer – darunter Neumann und die gemeinnützige BWSG – am Zug, die sich abstimmen müssten. "Und dann ist ein städtebaulicher Vertrag nötig." Es wird also noch dauern in der Muthgasse. (Martin Putschögl, Bernadette Redl, 27.5.2018)