Foto: ORF TVthek Screenshot

Man möchte meinen, die neuen Sendungen wäre ORF 3 ein bisschen peinlich, dem Spartenkanal mit dem Beinamen "Kultur und Information". So leise sind noch wenige neuen Programme on air gegangen, und noch weniger welche zur besten ORF-Sendezeit zwischen 19.18 und 19.45 Uhr, gegen "Bundesland Heute" und "Zeit im Bild".

Seit Dienstagabend spielt der dritte Kanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gegen die Regionalnachrichten im zweiten Kanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Regionalnachrichten. Und wer um 19.30 Uhr noch nicht genug Regionales gesehen hat, dem serviert ORF 3 das ebenfalls neue "Österreich Heute – Das Magazin", ebenfalls aus den ORF-Landesstudios.

Weben und Wiener Gassennamen

Ganz unvorbereitet verdoppelt ORF 3 den ländlichen Raum nicht: "Wir möchten täglich eine Zusammenschau der interessantesten Geschichten aus den Bundesländern bringen. Etwas, das man gerne auch in Wien sieht, obwohl es in Vorarlberg entstanden ist", kündigte etwa ORF-3-Chefredakteurin Ingrid Thurnher im März im STANDARD-Interview an.

Am Dienstag waren (jedenfalls im Österreich-"Magazin") die interessantesten Geschichten aus den Bundesländern das Pfingsttreffen der Loretto-Gemeinschaft in Salzburg mit tausenden Jugendlichen, das "alte Handwerk" Weben sowie "Themenviertel" in Wien (gemeint: Orts- und Gassennamen, etwa schwedische).

Kann ein öffentlich-rechtlicher Sender mehr zum Gemeinwohl(befinden) und zum Zufriedenheitsgefühl seines Publikums beitragen, als das als interessanteste Geschichten aus Österreichs Ländern zu präsentieren? Er kann jedenfalls dazu beitragen, dass ORF-Chef Alexander Wrabetz den neun ORF-Stiftungsräten der österreichischen Bundesländer im Juni vom erfolgreichen Start weiterer Regionalformate, nach "Bundesland heute", "Guten Morgen Österreich", "Daheim in Österreich" und Co. nun auch in ORF 3 künden kann. Etwas mehr Sendezeit für "Bundesland heute", zusätzliche regionale Magazinsendungen am Wochenende in ORF 2 und womöglich auch noch regionale Kurznachrichten vor der "ZiB 2" dürften noch folgen. Neun Stimmen im wichtigsten ORF-Gremium kann man immer brauchen, gerade in Zeiten mit politischem Anpassungsbedarf im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

"Landesstudio Österreich"

Auf ORF 3 vertiefte Ausgabe zwei des "Magazins" am Mittwoch all diese wohlig-regionalen Gefühle, dass es ja doch ein gutes Land sein muss (wenn auch kein besonders interessantes): Ein betuliches Ortsportrait von Reichenau an der Rax, ja, der nächste Festspielsommer. In erfrischend fröhlichem Xibergerisch werden Insektenhotels aller Art gebaut (Metallbohrer verwenden, sonst bleiben die Brummer in rauen Gängen hängen, "das wollen wir nicht"). Und Maturanten als Lehrlinge. Was haben wir bisher nicht Interessantes im linearen Fernsehen versäumt aus den anderen acht Bundesländern, wenn wir nicht alle neun "Bundesland heute"-Sendungen in der TVthek nachschauten!

Als eine Riege von ORF-Landesdirektoren 2002, an ihrer Spitze Monika Lindner, die Führung des Küniglbergs übernahmen, kommentierte Langzeitgeneral Gerd Bacher ihre Programmierung des ORF als "Landesstudio Österreich". Er ahnte nicht, was da noch auf den Küniglberg zukommt. Er muss es heute nicht mehr mitansehen.

Im ersten "Österreich Heute-Magazin" sprach Salzburg Erzbischof Franz Lackner vom "Event des Heiligen Geistes. Das muss man erlebt haben." Er meinte, klar, den Loretto-Event. (Harald Fidler, 24.5.2018)