Das Geschäft mit Käsekrainer & Co bescherte heimischen Würstelständen kaum Wachstum.

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Wien – Im Jahr 2005 übernahm Rene Kachlir, 40, einen seit 1968 existierenden Würstelstand am Wiener Schwarzenbergplatz und modelte ihn um. Sein Imbiss "Zum scharfen Rene" wurde erst kürzlich zum zweitbeliebtesten Würstelstand der Hauptstadt gewählt. Kachlir setzt auf Qualität und Individualität: Käsekrainer werden in Rindssuppe gekocht, zweimal die Woche wird Kren frisch aus der Steiermark geliefert. Traditionelle Produkte direkt vom Bauern sollen durch Schärfe den besonderen Kick bekommen: "Wir haben uns auf Chili spezialisiert," erklärt Kachlir.

Abenteuerlustige Würstelconnaisseurs können ihre Burenwurst bei ihm mit einer Prise Carolina Reaper bestreuen, seit 2013 das angeblich schärfste Chilipulver der Welt. Wer nach der scharfen Wurst noch Lust auf Süßes hat, kann seinen Ausflug zur Würstelbude mit einer Dosis Nostalgie in Form einer Kaugummizigarette abrunden.

Konzept geht auf

Diese Mischung aus Tradition und Innovation scheint aufzugehen: Das Geschäft laufe gut, die Gewinnspanne werde jedoch immer kleiner, sagt Kachlir. "Als kleiner Imbissstand muss man seine Community aktivieren, Selfies mit Prominenten machen, wenn sie an den Stand kommen. Wir versuchen das mit verschiedensten Aktionen umzusetzen, beispielsweise mit einer Chili-Challenge", so Kachlir. Auf einem Youtube-Kanal sollen Geschichten von der Würstelbude ausgestrahlt werden. Die Kameras sind bereits installiert. "Jeder Neukunde muss wie ein Stammkunde von morgen behandelt werden," betont Kachlir. "Am Würstelstand gibt es keine Abfertigung wie bei McDonald's."

Das klingt fast romantisch. Tatsächlich geht das Sterben der Imbissstände jedoch in die nächste Runde. Obwohl sich Österreichs Fast-Food-Markt nach einem zwischenzeitlichen Einbruch im Jahr 2016 erholt hat, müssen klassische Würstelstände zunehmend um ihre Zukunft bangen. Laut einer Marktstudie von branchenradar.com wuchs die österreichische Fastfood-Systemgastronomie, also Ketten wie McDonald's, Subway und Co, im Jahr 2017 nämlich viel schneller.

Während die Erlöse der Systemgastronomie um 6,3 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor auf insgesamt 896 Millionen Euro anstiegen, erhöhte sich im vergangenen Jahr der Umsatz bei Würstelständen im Durchschnitt nur um 0,9 Prozent. Internationale Imbisse mit Kebab, Pizza oder asiatischen Spezialitäten im Angebot konnten ihr Geschäft zumindest um 1,8 Prozent steigern. Der Umsatzanteil der Systemgastronomie beträgt nun 77 Prozent, Tendenz weiter steigend.

Systemgastro dominiert

Insgesamt stieg der Umsatz der Fastfood-Branche um 5,1 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro, etwa zwei Drittel des Zuwachses sind auf Preiserhöhungen zurückzuführen. Auch davon profitiert primär die Systemgastronomie: McDonald's ist unter anderem so erfolgreich, weil Besucher dort von ständig wechselnden Speisekarten wählen können, und dafür dann gerne mehr zahlen. Höhere Preise in kleineren Imbissen stieße auf Widerstand bei den Kunden, meint Kachlir. "Die Einkaufspreise für qualitativ hohe Lebensmittel steigen immer weiter. Bei den großen Ketten wird einfach eine Tomatenscheibe mehr auf den neuen Burger gelegt und dann mehr Geld verlangt. Bei kleinen Imbissen würden die Kunden das nicht akzeptieren."

Die flache Entwicklung der Imbisse ist auch dadurch zu erklären, dass immer mehr dauerhaft verschwinden. Zwischen 2012 und 2016 sank ihre Anzahl um fast zehn Prozent, im vergangenen Jahr nochmals um zwei Prozent auf nunmehr 1.511 Standorte. In den letzten fünf Jahren wurden österreichweit fast 200 Imbisse geschlossen. Zwischen dem durchschnittlichen Umsatz von Imbissständen – im Vorjahr 180.000 Euro – und dem Durchschnittserlös in McDonald's-Filialen von 3,2 Millionen Euro liegen eben Welten. (jeo, 24.5.2018)