Bio-Gemüse oder konventionelles ist auch eine Frage des Preise.

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Bio und Österreich: Das passt zusammen wie die Butter aufs Brot, würden manche sagen. Tatsächlich ist Österreich in Sachen Biolandwirtschaft EU-weit Spitzenreiter. Fast ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche wird hierzulande biologisch bewirtschaftet, mehr als 23.000 Biobetriebe gibt es. Damit ist Bio längst aus der einstigen Nische herausgewachsen.

Und trotzdem geht einigen die Entwicklung nicht weit genug: Österreich könnte sich sogar zu hundert Prozent mit heimischen, biologischen Produkten versorgen, heißt es in einer aktuellen Studie der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. Aber was bedeutet das eigentlich, Bio, und welche Konsequenzen hätte die Umstellung für die Landwirtschaft und die Preise im Supermarkt?

Bio und konventionelle Landwirtschaft: Zwischen beiden liegen immer noch Gräben. Bio-Verfechter kritisieren den hohen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden in der herkömmlichen Landwirtschaft, die das Grundwasser belasten und zu einem Insektensterben führen. Zudem werden die Massentierhaltung und der Einsatz von Antibiotika kritisiert. Die biologische Landwirtschaft soll im Gegensatz dazu mehr Ressourcen schonen, den Boden fruchtbarer machen, etwa indem Kompost gesammelt und ausgebracht wird, und Tiere "artgerechter" halten.

Mehr Fläche, weniger Ertrag

Von der konventionellen Landwirtschaft wiederum heißt es, Bio brauche mehr Fläche und produziere weniger. Auch die Preise der Produkte seien höher, nicht jeder könne sich einen biologischen Lebensstil leisten.

"Werden Flächen auf mehr Bio umgestellt, sind auch mehr Flächen für die Landwirtschaft notwendig", bestätigt Dagmar Wöbken, Mikrobiologin an der Universität Wien. Ökologisch gesehen gelte die Biolandwirtschaft dadurch als weniger nachhaltig, weil der CO2-Ausstoß auf weniger Produkte aufgeteilt werden muss, meint Studienleiter und Boku-Forscher Thomas Lindenthal. Allerdings sei die reine CO2-Rechnung verfälscht, weil sie viele andere Nachhaltigkeitskriterien wie die Bodenfruchtbarkeit, den Schutz der Gewässer und der Artenvielfalt nicht einrechne. Insgesamt sei die Bioproduktion aus ökologischer und gesundheitlicher Sicht eindeutig vorzuziehen.

Zu hoher Fleischkonsum

Statt auf die Massenproduktion zu setzen, würde der Fokus bei der Biolandwirtschaft laut Studien-Co-Autor Martin Schlatzer verstärkt auf der Qualität der Produkte liegen. Um den Konsumbedarf zu decken, müssten allerdings die vermeidbaren Lebensmittelabfälle und der Fleischkonsum reduziert werden. Denn immer noch werden in Österreich alleine in den Haushalten mehr als 200.000 Tonnen pro Jahr an Lebensmitteln weggeschmissen, was bei richtiger Planung und Lagerung hätte vermieden werden können. Auch der Fleischkonsum sei mit 65 Kilogramm pro Kopf und Jahr dreimal höher als empfohlen, was auch zu vermehrten gesundheitlichen Problemen führe. Zudem werden mehr als eine halbe Million Tonnen Soja jedes Jahr als Futtermittel importiert, mehr als die Hälfte der Ackerflächen dienen hierzulande der Produktion von Futtermitteln wie Mais und Soja.

"Möglicherweise würde ein höherer Preis bei den Lebensmitteln zu mehr Wertschätzung und weniger Lebensmittelabfällen beitragen", meint Andreas Steinwidder, Leiter des Instituts für biologische Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein. Allerdings stelle sich die Frage, ob die Konsumenten überhaupt bereit wären, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben.

Ähnliche Argumente kommen von der Landwirtschaftskammer. "Wenn jetzt propagiert wird, 100 Prozent der Landwirtschaft auf Bio umzustellen, stellt sich sofort die Frage, wer nun das bezahlen wird", sagt Kammerpräsident Josef Moosbrugger. Am Ende würden die Konsumenten mit ihrem Kaufverhalten bestimmen, wie viel Bio erzeugt wird.

Die Inlandsnachfrage hinke derzeit laut Umweltministerium noch der Produktion hinterher. Denn Österreich exportiere viele seiner Biolebensmittel ins Ausland. Einer der größten Abnehmer: Deutschland. (Jakob Pallinger, 24.5.2018)