António Costa kämpft auch mit hohen Schulden, die Krise wurde trotzdem überwunden.

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Beim Amtsantritt Ende 2015 hatte Portugals Premier António Costa (Partido Socialista, PS) fast ganz Europa gegen sich. Die Märkte waren "beunruhigt". Nicht wenige wähnten einmal mehr die "Euro-Apokalypse" nahe – wie aktuell in Italien, wo Parteien des linken und rechten Rands sich anschicken, eine Regierung zu bilden, jedoch mit wesentlichen Unterschieden.

Allen voran ist Costa, einst viele Jahre Bürgermeister von Lissabon. Er sei kein Populist, sondern ein "pragmatischer Optimist", wie er selbst sagt. Er hat Charisma und – als besonderes Asset – fähige Kabinettsmitglieder. Sein progressives Zweckbündnis, von den Portugiesen "geringonça" genannt, was etwas mehr schlecht als recht Zusammengeschustertes bezeichnet, hält.

Der linksradikale Bloco de Esquerda (BE), die Kommunisten (PCP) und die grüne Tierschutzpartei PAN stützen die sozialistische Minderheitsregierung. Zoff zwischen Mitte-links (PS) und links außen (BE, PCP) ist unvermeidbar, doch die sonst ewig zerstrittene Linke erweist sich in Portugal als kompromissfähig. Das, was eint und zählt, ist, dass Costa dem Sparkurs abgeschworen hat. Nun surft er auf einer Welle der Beliebtheit in Sachen Wählergunst. Selbst die EU findet Lobesworte.

Bessere Konjunkturdaten

Die makroökonomischen Daten leisten wertvolle Überzeugungsarbeit: Die Arbeitslosigkeit ist mit 7,4 Prozent auf einem Rekordtiefstand. Zum Vergleich: Im April 2013 lag die Arbeitslosenquote noch bei 16,2 Prozent. Auslands- und Privatinvestitionen brummen (plus neun Prozent), die Wirtschaft wächst stärker als im EU-Schnitt (plus 2,7 Prozent 2017), und der Tourismus boomt mit zweistelligen Zuwachsraten. Gut 20 Millionen internationale Ankünfte sind dafür verantwortlich, dass der Tourismus 7,1 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt.

Die Industrie und da insbesondere der Automobilsektor (plus 16 Prozent) sowie die Landwirtschaft (plus 20 Prozent) sind weitere Branchen, die Rekorde verbuchen. Der Aufschwung wird vom Export angekurbelt, wo das Land auch in puncto Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den EU-Partnern sukzessive aufholt.

Überschuss geplant

Das Haushaltsdefizit lag aufgrund der wirtschaftlichen Gesundung 2017 bei etwa einem Prozent (ohne Hilfszahlung an Portugals größte Bank Caixa Geral de Depósitos (CGD), sonst bei rund drei Prozent). Bis 2021 erwartet Lissabon einen Überschuss. Der Staatsschuldenstand ist mit 126 Prozent des BIPs hoch, wiewohl man 2014 noch höher lag (132,9 Prozent). Anders als der rechtsregierte große Nachbar Spanien reduziert Lissabon diesen sukzessive. 114 Prozent ist das Ziel für 2022.

Nach den tiefen Einschnitten zwischen 2011 und 2014 mit einem von der Troika auferlegten Sparprogramm über 78 Milliarden Euro schaffte Costa die Kehrtwende, politisch und wirtschaftlich. Auch unter der Ägide seines Exwirtschaftsministers Mário Centeno, des amtierende Eurogruppen-Chefs, wurden Pensionen und Mindestlöhne erhöht, eingefrorene Beamtengehälter wieder ausbezahlt, vier neue Feiertage gewährt.

Mehrwertsteuer belastet

Was im Portemonnaie allseits spürbar ist: Der hohe Mehrwertsteuersatz von 23 Prozent wurde bei Gütern des täglichen Bedarfs wie Brot, Kaffee oder Milch reduziert. In Bildung und Gesundheit wird wieder deutlich mehr investiert. Anreize sollen einen Teil der rund 500.000 jungen, zumeist hochqualifizierten Portugiesen, die mit der Krise emigrierten, zurückholen.

Centenos Nachfolger als Wirtschaftsminister, Manuel Caldeira Cabral (PS), betont: "Portugals Wirtschaft wächst nicht nur stärker als je innerhalb eines Jahrhunderts. Wir wachsen nachhaltig und ausgewogen." Neben Defizit- und Staatsschuldenreduktion gehe es in allererster Linie darum, Portugal zu modernisieren. (Jan Marot aus Granada, 24.5.2018)