Möglicherweise im kommenden Jahr auf einer überparteilichen Liste zu finden: Karas und Mlinar.

Foto: APA/Schneider

Wien – Ein Dementi klingt anders. Auf die Frage, ob er bei der kommenden EU-Wahl (sie ist für den 26. Mai 2019 angesetzt) mit einer eigenen, von der ÖVP unabhängigen Liste antreten wolle, sagt Othmar Karas im Gespräch mit dem STANDARD: "Ich werde mich erst nach dem Ende der österreichischen Ratspräsidentschaft entscheiden, ob ich überhaupt noch einmal antreten werde. Wenn ja, werde ich meine Vorstellungen dazu formulieren."

Die Vorstellungen, die Karas von der Europäischen Union und ihrer Zukunft hat, unterscheiden sich schon jetzt vielfach von dem, was europapolitischer Mainstream in der Volkspartei geworden ist – insbesondere seit die ÖVP mit der FPÖ eine Koalition eingegangen ist.

Richtungswahl gegen die FPÖ

Karas: "Die Wahl wird eine Richtungswahl: Wollen wir eine europäische Demokratie, die auch eine Souveränität beinhaltet, oder wollen wir zurück zu den Fehlentwicklungen des Nationalismus? Die FPÖ will auch als Regierungspartei an der Allianz der Zerstörung festhalten. Ich dagegen will die Innenpolitik europäisieren."

Ob da der ÖVP-Parteiobmann und Bundeskanzler Sebastian Kurz – er hat sich bekanntlich das alleinige Recht gesichert, über eine Listenaufstellung zu befinden – mitgehen kann? Karas: "Ich bin mit dem Bundeskanzler in einem sehr ehrlichen und offenen Dialog." Dabei sei natürlich klar, dass der Bundeskanzler und er selbst aufgrund unterschiedlicher Funktionen auch unterschiedliche Zugänge hätten.

Schädliche Personaldiskussion

Und genau jene Diskussion, die in den vergangenen Tagen über eine eigenständige Kandidatur von Karas aufgebrochen ist, sei der Sache eher abträglich, betont der EU-Parlamentarier: "Es geht doch nicht um die Frage 'Hat der Karas weiter ein Mandat?'. Es geht darum, einen Diskurs über die politische Zukunft der EU zu führen."

Befeuert wurde die Diskussion durch die Rückzugsankündigung der bisherigen Neos-Parlamentarierin Angelika Mlinar in der Vorwoche im STANDARD. Mlinar hat dies mit der mangelnden Unterstützung durch die Partei begründet. Dem war auch ein handfester Streit mit Neos-Chef Matthias Strolz vorausgegangen, der ebenfalls seinen Rückzug aus der Politik bekanntgegeben hatte.

Neos brauchen prominentes Gesicht

Strolz, bereits am Absprung, hatte sich für ein prominenteres Gesicht als Mlinar als Spitzenkandidatin ausgesprochen. Erst war EU-Sprecherin Claudia Gamon im Gespräch, aber auch sie erfüllte die Vorgabe der Prominenz nicht. Letztlich ist noch völlig offen, wer für die Neos antreten könnte – oder ob die Neos sich allenfalls auf eine Listenkoppelung einlassen.

Mlinar selbst hatte ihrer Partei auch im Rückzug Loyalität zugesichert, wird jetzt aber durch Reaktionen auf europäischer Ebene in Versuchung geführt. Ganz ausschließen will sie ein neuerliches Antreten nicht, mit Othmar Karas dürfte es vor einiger Zeit bereits unverbindliche Gespräche über eine mögliche parteiunabhängige Wahlplattform gegeben haben.

Karas selbst spricht davon, in die europapolitische Diskussion weniger Parteipolitik einfließen zu lassen – deshalb habe er auch das überparteiliche Bürgerforum Europa gegründet. Die Frage, ob er selbst noch ÖVPler sei, beantwortet er mit: "Ich bin Christdemokrat und Leiter der ÖVP-Delegation." Seine Partei ÖVP werde sich – wie alle anderen auch – erst im ersten Quartal des kommenden Jahres mit der Listenerstellung befassen. (Conrad Seidl, Michael Völker, 24.5.2018)