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Stacey Cunningham pflegt eine kulinarische Vorliebe für langsame Gerichte.

Foto: AP/Alyssa Ringler

Auf den jüngsten Chef der New Yorker Börse folgt nun erstmals in der 226-jährigen Unternehmensgeschichte eine Frau, die allein am Ruder des Traditionshauses der Wall Street steht. Die 43-jährige Stacey Cunningham übernimmt den Posten von dem ein Jahr jüngeren Tom Farley. Nach vier Jahren an der Spitze der New Yorker Börse heuert dieser bei einem US-Finanzinvestor an.

Cunningham hatte offenbar stets ein Faible für männerdominierte Tätigkeiten, wie ihr Werdegang belegt: Schon während ihres Studiums der Ingenieurwissenschaften an der Lehigh University, einer Privatuniversität in Bethlehem, Pennsylvania, waren Frauen ebenso in der Minderzahl wie an der New Yorker Börse, wo sie im Jahr 2004 ein Praktikum absolvierte. "Ich habe mich fast augenblicklich in die Tätigkeit verliebt und wusste, was ich tun will", sagt Cunningham über ihren ersten Kontakt mit der Wall Street. Folglich wurde sie nach ihrem Abschluss neuerlich auf dem Handelsparkett tätig – als eine von ein paar Dutzend Frauen unter mehr als tausend Männern. Während es für die Herren prunkvolle Toilettenanlagen gegeben habe, erinnerte sich Cunningham später an ihre Anfänge an der Börse, hätten sich Mitarbeiterinnen damals mit umgebauten Telefonzellen begnügen müssen.

Cunningham arbeitete in Restaurantküche

Im Jahr 2005 vollzog Cunningham vorübergehend einen Schwenk und absolvierte eine Ausbildung am Institute of Culinary Education in Manhattan inklusive einer mehrwöchigen Tätigkeit in einer Restaurantküche. Dort sei ihr die nötige Stressresistenz des Wertpapierhandels zugutegekommen. "Dabei mag ich eigentlich die langsame Küche. Daher mache ich oft Barbecue, Pulled Pork und Sachen, die bis zu 18 Stunden dauern", gab Cunningham vergangenes Jahr zumindest auf kulinarischer Ebene einen der seltenen Einblicke in ihr Privatleben, über das sie sich sonst bedeckt hält.

Zwei Jahre später folgte ihr Comeback an der Wall Street: Nach fünf Jahren bei der rivalisierenden Nasdaq heuerte sie 2012 wieder bei der New York Stock Exchange an. Binnen drei Jahren stieg sie zum Chief Operating Officer auf und wurde nun erste Alleinchefin des Hauses – zuvor hatte dieses mit Catherine Kinney bloß eine Co-Chefin. Jedenfalls werden nun zwei der drei größten US-Börsen von Frauen geführt, da vor eineinhalb Jahren Adena Friedman die Leitung der Nasdaq übernahm. In den Führungsetagen bröckelt die Männerdominanz der Wall Street. (Alexander Hahn, 23.5.2018)