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Polen: Legia Warschau

Die Saison der Extraklasa brachte eine Entscheidung à la polonaise. Legia Warschau gewann seine 13. Meisterschaft am grünen Tisch, nachdem das Match des Titelverteidigers in Posen beim Stand von 0:2 nach Krawallen abgebrochen werden musste. Die Lech-Fans wollten offenbar die Kür der Hauptstädter in ihrem Stadion verhindern. Die Ligakommission wertete das Spiel zwar zugunsten von Legia – das offenbar unausrottbare Hooligan-Phänomen in Polens Fußball aber machte einmal mehr Schlagzeilen. Lech wiederum wurde zu fünf Meisterschaftsspielen und drei Europa-League-Spielen vor leeren Rängen verurteilt. Seit einiger Zeit gilt in Polen in der Regel Legia als jenes Team, welches es zu schlagen gilt. Das ist auch auf den Niedergang der Arbeiterklubs aus dem schlesischen Kohlerevier zurückzuführen. Noch aber stehen Gornik Zabrze und Ruch Chorzów, das heuer in die Drittklassigkeit absacken wird, mit je 14 Meistertiteln an der Spitze der Rangliste der erfolgreichsten polnischen Vereine. Liga-Krösus Legia wurde 1916 in den wolhynischen Wäldern von Mitgliedern der Polnischen Legion gegründet, einer unabhängigen Formation der k. u. k Armee. Die Legion spielt im Gründungsmythos der zweiten polnischen Republik eine wichtige Rolle, Legia spielt folgerichtig im nach dem Soldatenpräsidenten benannten Piłsudski-Stadion. Rund 17.600 Zuschauer kamen 2017/18 im Schnitt zu den Heimspielen Legias, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zur Vorsaison.

Foto: reuters

Dänemark: FC Midtjylland

Die Vorentscheidung zugunsten der Mannschaft aus der Stadt Herning (45.000 Einwohner) fiel in der 34. von 36 Runden. Da siegte die Mannschaft von Trainer Jess Thorup auf dem Feld von Bröndby IF mit 1:0 und setzte sich in der Folge vom letzten verbliebenen Konkurrenten ab, mit dem man sich über die gesamte Saison einen spannenden Zweikampf geliefert hatte. Midtjylland ist ein junges Konstrukt, das 1999 aus der Kooperation der zu diesem Zeitpunkt zweitklassigen Vereine Herning Fremad und Ikast FS entstand. Die Profiabteilung wird von beiden Klubs getragen, die ihre Nachwuchsmannschaften als Unterbau jedoch unabhängig voneinander weiterführen. Dieses Konzept wurde davor bereits vom FC Nordsjaelland und dem FC Kopenhagen erfolgreich umgesetzt. Die Konzentration der Kräfte zahlt sich auch im mittleren Jütland aus: Midtjylland ist nun bereits zweifacher dänischer Champion, zwei Vizemeisterschaften und vier (verlorene) Cupfinals können eigentlich auch als Erfolge verbucht werden. Mit einem gemittelten Zuschaueraufkommen von 7.106 ist man in der Superligaen die Nummer vier hinter Bröndby, Kopenhagen und Aarhus.

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Mazedonien: Shkendija Tetovo

Sollte es die perfekte Saison geben, so kommt jene des neuen mazedonischen Meisters wohl ziemlich nahe. Vom ersten bis zum letzten Spieltag war Shkendija Spitzenreiter. Um sage und schreibe 35 Punkte hängte man Titelverteidiger Vardar Skopje am Ende ab, während Shkendija eine Tordifferenz von +74 aufwies, kamen die zweitplatzierten Hauptstädter auf gerade einmal +12. Von 36 Spielen wurden nur drei verloren. Tetovo liegt nahe der kosovarischen Grenze und ist das Zentrum der albanischen Minderheit Mazedoniens. Shkendija wurde 1979 gegründet, die jugoslawischen Behörden verboten den Klub jedoch, man befürchtete nationalistische Umtriebe. Wohl nicht zu Unrecht nennen sich die Shkendija-Ultras doch bis heute "Ballistët". Man bezieht sich damit auf die Balli Kombëtar (Nationale Front), eine antikommunistische Widerstandsbewegung, die während des Zweiten Weltkriegs die Bildung eines großalbanischen Staates anstrebte und dabei auch vor der Kollaboration mit den nationalsozialistischen Besatzern nicht zurückschreckte.

Foto: reuters/TEOFILOVSKI

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Luxemburg: F91 Düdelingen

2012 war es, als Düdelingen saure Mienen in Salzburger Gesichter (Beispielbild: Trainer Roger Schmidt) meißelte. Damals entfernte der luxemburgische Champion den österreichischen aus der Qualifikation zur Champions League. Auch heuer wird Düdelingen, auch als Diddeleng (Letzeburgisch) oder Dudelange (Französisch) bekannt, diesen Bewerb schmücken. Denn seit ihrer Geburt aus einer Fusion von gleich drei Düdelinger Vereinen anno 1990 entwickelten sich die Rot-Gelben zügig zum Dominator des großerzoglichen Kicks. 14 Meisterschaften hat Düdelingen mittlerweile zusammengerafft, diesmal verwies man immerhin Rangers-Töter Progrès Niederkorn souverän auf seinen Platz (den zweiten nämlich). Auf Jeunesse Esch allerdings fehlt noch ein Eckhaus, der Rekordhalter kann nämlich 28 Titel vorweisen. Düdelingen liegt hart an der französischen Grenze, die rund 21.000 Einwohner zählende Stadt ist eine der wichtigsten Industriezentren Luxemburgs, bekannt für seine Stahlhütten. Der Grenzlage entsprechend, besteht der Kader von F91 zu 62 Prozent aus Legionären, Frankreich (6), Deutschland (4) und Belgien (3) stellen die größten Kontingente. Auch Keeper-Legende Jonathan Joubert gehört immer noch dazu. Der 38-Jährige ist mit 468 Einsätzen (Stand: 11.5. 2018) Rekordspieler der Liga. Trainiert wird er seit zwei Jahren vom ein Jahr jüngeren Deutschen Dino Toppmöller, dem Sohn des Kaiserslauterer Rekordtorschützen und deutschen Trainer des Jahres 2002, Klaus Toppmöller.

Foto: reuters/prammer

Griechenland: AEK Athen

Dass die Athlitiki Enosi Konstantinoupoleos (Sportvereinigung Konstantinopel) ihre erste griechische Meisterschaft seit 24 bejubeln durfte, ist fast eine Randnotiz, derart chaotisch verlief diese Spielzeit der Super League: Punkteabzüge, zeitweise Stilllegung des Meisterschaftsbetriebs, Spielabbrüche und Ausschreitungen überschatteten die sportlichen Belange. Und als ob das alles nicht reichte, machten autoritäre Klubchefs mit bizarren Auftritten auf sich aufmerksam. So stürmte Ivan Savvidis, russischstämmiger Medienoligarch und Präsident von PAOK Saloniki, im Spitzenspiel gegen AEK mit einer Pistole bewaffnet das Spielfeld. Kollege Evangelos Marinakis von Olympiakos Piräus, ein im Dauerclinch mit der griechischen Regierung liegender Reeder, schickte wegen sportlicher Unzulänglichkeit kurzerhand seine gesamte Mannschaft auf Zwangsurlaub. Olympiakos hatte zuletzt siebenmal in Folge den Titel gewonnen. AEK dagegen erstand wie einst Phoenix aus der Asche der Insolvenz wieder. Aufgrund des finanziellen Desasters war der 1924 von Vertriebenen aus Kleinasien gegründete Verein erst 2013 in die Drittklassigkeit relegiert worden.

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Kroatien: Dinamo Zagreb

Die natürliche Ordnung ist wieder hergestellt. Nachdem in der Vorsaison der Emporkömmling HNK Rijeka die Vorherrschaft der Modri (Dunkelblauen) anzukratzen wagte, ist nunmehr der zwölfte Titel in 13 Jahren Realität. Wunder ist das keines, Dinamo befindet sich, was die Ressourcen angeht, im kroatischen Fußball in einer eigenen Dimension. Der aktuelle Kader ist beinahe doppelt so viel wert wie jener von Rijeka oder Hajduk Split. Gerade der Abstand zum alten Erzrivalen wurde mit den Jahren größer und größer. Ruhig verlief die Spielzeit aber trotzdem nicht, Dinamos umstrittener Präsident Zdravko Mamić brachte nicht weniger als vier Trainer zum Einsatz. Einer von ihnen, Mario Cvitanović, war im September vor seinem Haus von maskierten Angreifern mit Knüppeln zusammengeschlagen worden. Im März trat Cvitanović zurück. Vor der letzten Runde engagierte Dinamo Ex-Austria-Coach Nenad Bjelica, mit ihm auf der Bank wurde mit einem 3:1 gegen Inter Zapresic die insgesamt 19. Meisterschaft abgesichert, Rijekas Sieg über Split konnte daran nichts mehr ändern.

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Tschechien: Viktoria Pilsen

Das Pilsener-Jahrzehnt hält an. Viktoria Pilsen darf sich ab sofort fünffacher Meister nennen, die Championate ereigneten sich allesamt zwischen 2011. Erneut gelang es also dem Klub aus der Bierstadt, der über weite Strecken seiner seit 1911 andauernden Existenz ein recht unauffälliges Dasein führte, die finanziell deutlich besser gestellten Hauptstadtvereine Slavia und Sparta zu überflügeln. Ein 2:1 gegen Teplice beseitigte eine Runde vor Schluss jeden verbliebenen Zweifel. Auch international wusste Pilsen zu gefallen, in der Europa League stieß die erfahrene Elf (Durchschnittsalter beinahe 29 Jahre) ins Achtelfinale vor, wo man sich dem portugiesischen Spitzenklub Sporting Lissabon erst in der Nachspielzeit beugen musste. Kein Wunder, dass Trainer Pavel Vrba von einer Fachjury als Trainer des Jahres ausgezeichnet wurde. Auch einen milden Österreichbezug gibt es, er heißt Andreas Ivanschitz. Der mittlerweile 34-Jährige ist seit Jänner 2017 bei Viktoria, in der abgelaufenen Saison kam er in der Liga jedoch nur fünfmal zum Einsatz, das reichte für eine Gesamtspielzeit von 68 Minuten. Der Vertrag des Burgenländers läuft im Sommer ab, eine Verlängerung erscheint ausgeschlossen.

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Armenien: Alaschkert Martuni

Die Bardsragujn chumb ist eine Sache für sich. Armeniens höchste Fußballliga (UEFA-Fünfjahreswertung: 46. von 55) hat mehrfache Tode und Wiedergeburten in unterschiedlichen Formen und Verfasstheiten hinter sich. Aktuell ist sie auf ein Format mit sechs Teams zusammenkondensiert, vier von ihnen kommen aus der Hauptstadt. So auch Alaschkert. Gegründet wurde der Verein zwar 1990 in der am Sewan-See gelegenen Kleinstadt Martuni. Nach zwischenzeitlicher Auflösung und Neugründung 2011 tritt man mittlerweile in der Kapitale an. Genauer: im Alaschkert-Stadion, das 2013 von Präsident und Klub-Zampano Bagrat Navoyan gekauft und etwas auf Vordermann gebracht wurde. Die recht alte Hütte fasst 7.000 Zuschauer, und wenn Alaschkert spielt, bevölkern ein paar Hundert die Ränge. Der 59-Jährige Navoyan ist Unternehmer und in dieser Funktion Besitzer eines Reisebüros. Alaschkerts dritte Meisterschaft in Folge ist aber weniger Navoyans finanziellem Muskel, sondern dem grünen Tisch geschuldet. Dem Konkurrenten Schirak Gyumri wurden nämlich zwölf Punkte abgezogen. Grund dafür war ein Fall versuchter Bestechung, im armenischen Fußballgetriebe ein recht verbreitetes Übel. Alaschkerts Kader wird ein Marktwert von 5,3 Millionen Euro zugeschrieben, das entspricht in etwa jenem des SC Wiener Neustadt.

(Michael Robausch, 25.5.2018)

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