Leere Blicke auf der Bayernbank: Mats Hummels, Thomas Müller und Joshua Kimmich (von links),

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Deutlich besser war die Stimmung bei Frankfurts Held, dem Doppeltorschützen Ante Rebic.

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Berlin – Beim nächtlichen Bankett dankte der FC Bayern Jupp Heynckes auch ohne den erhofften Abschiedstitel gebührend. Kein Double für den Tripletrainer von 2013, der sich nach dem 1:3 gegen Eintracht Frankfurt im Finale des DFB-Pokals endgültig in den Ruhestand verabschiedet. "Im Sportlerleben gehören Siege und auch Niederlagen dazu. Heute war das eine vermeidbare Niederlage", sagte Heynckes.

Der Altmeister gönnte sich einen kurzen Ausblick auf sein Leben nach der letzten Rekordmeister-Amtszeit. "Mit 73 Jahren weiß man nicht, wie lange man noch zu leben hat. Ich möchte ab nächster Woche wieder mein Leben genießen", sagte Heynckes, der sich so gerne mit einem Sieg in Berlin verabschiedet hätte. Stattdessen gab es am Samstagabend eine schmerzhafte Niederlage gegen die von seinem Nachfolger Niko Kovac betreuten Frankfurter.

"Der Einzige, der mir heute Abend leid tut, das ist Jupp", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Heynckes gehe jetzt "in den mehr als verdienten Ruhestand", meinte Rummenigge, er habe "Großartiges" geleistet für die Münchner: "Dem FC Bayern steht es sehr gut zu Gesicht, Danke zu sagen."

Es bleibt eine Saison, in der die Münchner nach der Trennung von Carlo Ancelotti unter Heynckes zwar wieder auf Meisterschaftstouren kamen. Doch der große Coup in Europa blieb den Münchnern ebenso versagt wie der Titel im nationalen Cup-Bewerb. "Es fühlt sich an wie eine Riesenriesenniederlage und wie ein Riesenriesenmist", sagte Kapitän Thomas Müller. "Man steht mit einem Meistertitel da, der emotional schon im Februar geholt wurde – und dementsprechend ist die Ernüchterung extrem."

Trotz Videobeweis kein Elfmeter

Vor mehr als 74.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion düpierte Rebic (11.) den deutschen Meister früh das erste Mal. Nach dem Ausgleich durch Robert Lewandowski (53.) sprach vieles für einen Sieg der überlegenen Bayern, bis Rebic erneut zuschlug (82.). Dass Schiedsrichter Felix Zwayer in der Nachspielzeit trotz Videobeweises nach einem Tritt von Kevin-Prince Boateng gegen Bayerns Javi Martinez nicht auf Elfmeter entschied, wurmte die Bayern.

Vor allem, da im Gegenzug Mijat Gacinovic dann mit seinem Schuss ins leere Tor alles klar machte (96.). "Den Videobeweis kann man noch deutlicher überdenken, als man es vielleicht eh schon tut", sagte Mats Hummels nach der turbulenten Schlussphase. Selbst Boateng gab unumwunden zu: "Da haben wir Glück gehabt." Zwayer, der sich in seiner Heimatstadt wohl einen ruhigeren 37. Geburtstag erhofft hatte, äußerte sich in der Nacht von Berlin nicht. Der Kontakt sei "nicht stark genug" gewesen, ließ er lediglich ausrichten.

Keiner der Bayern aber machte den Unparteiischen aber für die Niederlage verantwortlich. "Es war ein Elfmeter, aber da sollten wir nicht mit unserer Kritik ansetzen", sagte Heynckes, der stattdessen eigene Fehler bemängelte und die starke Eintracht als würdigen Sieger lobte.

"Epochaler Moment" mit Europacup-Geschmack

Niko Kovac durfte das alles egal sein. Der Kroate musste zunächst beim Pressetermin eine Bierdusche über sich ergehen lassen, dann stürzte sich der gebürtige Berliner mit dem gesamten Tross der Hessen in eine Party-Nacht. "Wer vor Acht nach Hause kommt, bekommt eine Strafe", verkündete Boateng im Überschwang der Gefühle. Sportvorstand Fredi Bobic sprach nach dem fünften Pokal-Triumph der Vereinsgeschichte und dem ersten seit 30 Jahren von einem "epochaler Moment. Es ist unbeschreiblich, was uns das als Verein bringt."

Dank des Triumphes zog die Eintracht direkt in die Gruppenphase der Europa League ein und spielt in der kommenden Saison doch noch international. Die zusätzlichen Einnahmen – sowohl im DFB-Pokal als auch in der Europa League – verschaffen dem neuen Trainer Adi Hütter im Sommer völlig neue Möglichkeiten bei der Kaderplanung. Der Vorarlberger durfte sich fern von Berlin über das Gesehene ebenso freuen.

Kovac blendete seine Zukunft beim Endspiel-Gegner in der Stunde des Triumphs aus. "Daran denke ich noch nicht. Für mich ist wichtig, diesen Titel mit diesem tollen Verein geholt zu haben", meinte der Ex-Salzburg-Profi – ehe er doch noch nachsetzte. "Die Eintracht ist nicht nur Pokalsieger und spielt in der Europa League, sondern bestreitet auch das erste Pflichtspiel in der kommenden Saison", stellte er lächelnd fest. Nämlich im Supercup – gegen die Bayern und damit auch gegen ihn.

Über den Doppeltorschützen Rebic sagte Kovac: "Ich freue mich für ihn. Schon in der kroatischen U21 und der Nationalmannschaft seines Heimatlandes hatte er den Stürmer betreut. "Viele haben ihm unterstellt, dass er ein schwieriger Charakter und schlimmer Finger ist, aber Ante ist ein ganz zahmer Bursche, ein netter Kerl." Rebic hatte bereits im vergangenen Jahr in Berlin getroffen. Damals unterlag die Eintracht allerdings gegen Borussia Dortmund (1:2)

Vorzeitiger Abgang ohne böse Absicht

Für die Münchner geht es am Sonntag ohne weiteren Titel auf den Rathausbalkon. Was als große Doubleparty geplant war, dürfte jetzt weniger spektakulär ausfallen. "Ein bitterer Gang, aber die Fans haben sich das verdient", sagte Müller. "Das werden wir auch noch überstehen", erklärte Heynckes mit einem Schmunzeln.

Für Unmut sorgte, dass die Münchner und ihr Trainer bei der Frankfurter Siegerehrung schon in den Katakomben verschwunden waren. So schrieb die "Bild"-Zeitung von einem "Peinlich-Abgang". Spieler und Trainer bedauerten dies im Nachhinein. "Da muss ich ganz ehrlich zugeben, dass in dem Moment die Spieler und ich sicher nicht dran gedacht haben", sagte Heynckes zu der Szene. Er wolle die Gratulation nachholen. "Die Eintracht ist ein würdiger Pokalsieger", betonte er.

Und Müller meinte: "Das war kein Zeichen von Respektlosigkeit. Es ist schon hart genug, als Verlierer durch ein Spalier zu gehen. Das ist ein harter Gang, da den Siegern ins Gesicht zu sehen." (sid, APA, 20.5. 2018)

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