Brisbane – Wir erleben das sechste große Artensterben unseres Planeten. Haben in den letzten paar hundert Millionen Jahren natürliche Ereignisse – wie der Einschlag eines Asteroiden vor rund 65 Millionen Jahren – für die nachhaltige Verringerung von Biodiversität gesorgt, so ist es seit ein paar tausend Jahren eindeutig der Mensch, der die Artenvielfalt mit weiter wachsender Geschwindigkeit reduziert.

Um die Natur vor dem schädlichen Einfluss des Menschen zu bewahren, haben wir rund um den Globus Naturschutzgebiete eingerichtet: Nationalparks, Tierreservate und andere Areale, die unter besonderem Schutz stehen. Trotz dieser Maßnahmen geht der Verlust an Biodiversität praktisch ungebremst weiter.

Fast 50.000 Gebiete im Fokus

Das wieder hat australische Biodiversitätsforscher um James Watson (University of Queensland) und seinen Doktoranden Kendall Jones dazu bewegt, den Zustand von fast 50.000 Schutzgebieten weltweit genauer zu erheben. Das Ergebnis bestätigt die Befürchtungen: Ein Drittel der Naturschutzgebiete weltweit leidet stark unter den Einflüssen des Menschen.

Nicht zuletzt in Europa leiden Naturschutzgebiete stark unter den Einflüssen des Menschen. Im Norden ist es für die Natur dabei sehr viel besser.
Grafik: GreenFireScience

Mit anderen Worten: Nicht weniger als sechs Millionen Quadratkilometer Land oder anschaulicher formuliert: eine Fläche, die um 50 Prozent größer ist als die aller EU-Staaten zusammengenommen, steht unter so großem Druck, dass sie für bedrohte Biodiversität keinen Schutz mehr bieten dürfte.

Ein illegales Fischerdorf im Virunga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo. Afrikas ältester Nationalpark ist vor allem für seine vom Aussterben bedrohten Berggorillas berühmt.
Foto: Andy Plumptre, Wildlife Conservation Society

Mehr Schutzgebiete, weniger Schutz

Die letzte größere Erhebung dieser Art fand 1992 statt, also vor fast einem Vierteljahrhundert. In diesem Zeitraum hat sich, und das ist die gute Nachricht, die Fläche von Schutzgebieten weltweit fast verdoppelt. Das gilt mit entsprechenden Abänderungen auch für Österreich, wo fünf der sechs bestehenden Nationalparks erst in den vergangenen 25 Jahren eingerichtet worden sind.

Bei der Bestandserhebung 1992 hatte man noch viele menschengemachte Einflüsse in Schutzgebieten wie Straßen und Wasserwege von der Analyse ausgenommen. Das hat man bei der aktuellen Studie, die im Fachblatt Science veröffentlicht wurde, vermieden und kombinierte alle verfügbaren Daten über Landnutzung, Verbauung, Verkehr oder menschliche Besiedlung.

Hier mitten im Kahuzi-Biega Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo wird nach Bodenschätzen gesucht.
Foto: Andy Plumptre, Wildlife Conservation Society

Je abgelegener, desto besser

Nach diesen strengeren Maßstäben sind heute nur 42 Prozent aller Naturschutzgebiete weltweit nicht durch menschliche Aktivitäten bedroht. Und nur etwas weniger als zehn Prozent dieser Flächen sind völlig frei von menschlichem Einfluss.

Die meisten dieser Regionen liegen hoch im Norden, insbesondere in Russland und Kanada. Zudem fiel den australischen Forschern auf, dass die nach 1993 geschaffenen, oft auch besser kontrollierten Schutzgebiete meist naturbelassener sind als die älteren. (tasch, 22.5.2018)