Die Reihe der Ceta-Gegner ist mit dem Regierungseintritt der FPÖ kürzer geworden.

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Als der Ministerrat am Mittwoch das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta absegnete, blieb das nicht unbegleitet von Widerstand. Aktivisten von Greenpeace stellten sich am frühen Morgen angekettet vor den Haupteingang des Bundeskanzleramts. Scharfe Kritik am Durchpeitschen des Handelspakts kam auch von den Oppositionsparteien. Einen Sinneswandel vollzog hingegen die FPÖ, zumindest nach außen. Hatten die Freiheitlichen als Oppositionspartei sich noch lautstark gegen Ceta ausgesprochen, unterstützen sie nun als Regierungspartei die baldige Ratifizierung des Abkommens.

Die FPÖ-Politiker argumentieren ihr Ja zu Ceta auf unterschiedliche Art und Weise. Vizekanzler Heinz-Christian Strache etwa sagte knapp vor dem Ministerrat zum STANDARD, dass Ceta eine Koalitionsbedingung der ÖVP gewesen sei, man also keine andere Wahl habe.

Giftzähne gezogen

Anders argumentierte Verteidigungsminister Mario Kunasek. Ceta seien die Giftzähne gezogen worden, darum könne die FPÖ zustimmen. "Welche Giftzähne?", wollte der STANDARD von Kunasek wissen. Dessen Antwort: "Nächste Frage."

EU-Abgeordneter und FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky erklärt im ZIB-2-Interview, warum die FPÖ, die jahrelang als CETA-Gegner auftrat, dem Handelsabkommen nun doch zugestimmt hat.
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Während das freiheitliche Regierungsteam geschlossen hinter Ceta steht, gehen die Meinungen an der Parteibasis auseinander. Offiziell will man nichts sagen, das sei mit der Bundespartei so vereinbart gewesen, heißt es etwa von den Blauen im Burgenland. Unter der Hand erfährt man schon, dass es in der Funktionärsbasis rumort. Diese Funktionäre seien für das Anti-Ceta-Volksbegehren im Jänner 2017 gelaufen, das immerhin mehr als 500.000 Menschen unterzeichnet haben. Nun werde diese Position aufgegeben. Unvergessen ist, dass auch Parteigrößen wie Strache und Infrastrukturminister Norbert Hofer einst das Volksbegehren gegen den Handelspakt unterschrieben hatten.

Ceta beschäftigt die Basis

Dass Ceta die Menschen an der Basis beschäftigt, bestätigt auch Ernst Schachner, Fraktionsführer der FPÖ im steirischen Sölk: "Manche Leute sagen offen, dass sie sich überlegen, ob sie nochmals Blau wählen, sollte Ceta tatsächlich kommen." Auch ein oberösterreichischer FPÖ-Bürgermeister äußert sich skeptisch angesichts des Vorgehens der Regierung. Besonders die von Ceta vorgesehenen Schiedsgerichte seien der Parteibasis ein Dorn im Auge: "Der Standort bestimmt eben den Standpunkt", sagt der Funktionär.

Ob in Gemeinden, Bezirken oder Ländern: Nur wenigen Funktionären ist ein Statement zu Ceta zu entlocken. Anrufe bleiben unbeantwortet, vereinbarte Rückrufe bleiben aus. Bei denen, die sich zu Ceta äußern, ist der Grundtenor meist derselbe. Die ÖVP habe die Ratifizierung von Ceta in den Koalitionsverhandlungen zur Conditio sine qua non gemacht. Der freiheitliche Wiener Landesparteisekretär Michael Stumpf sagte dem STANDARD, dass die ÖVP bei den Regierungsverhandlungen ein Ultimatum gesetzt habe: "Wenn Ihr Ceta nicht zustimmt, wird es keine Regierung geben." Das sei für die ÖVP nicht verhandelbar gewesen. "Auch wenn es schmerzt, es ist nun mal so", sagte Stumpf.

Zweckoptimismus und stilles Hinnehmen

An der prinzipiellen Ablehnung des Freihandelsabkommens hat sich an der FPÖ-Basis nichts geändert. Die Reaktionen reichen von Zweckoptimismus bis zum stillen Hinnehmen. "Jetzt geht es darum, private Schiedsgerichte zu verhindern, damit ein EU-Gerichtshof mit Tribunal und Sicherstellung der nationalstaatlichen Rechtskriterien in Umsetzung kommt", heißt es vonseiten der Salzburger FPÖ. Außerdem könne man Ceta mit einfachem parlamentarischem Mehrheitsbeschluss wieder abschaffen.

"Wir sind eine Partei und stehen zu den Entscheidungen unserer Bundespartei", erklärt Christian Lamprecht, FPÖ-Parteiobmann im Salzburger Bezirk Tennengau. Er stehe Ceta zwar nach wie vor kritisch gegenüber, das Regierungsteam habe aber kompetente Berater und wisse, was es tue.

Von SPÖ auf den Weg gebracht

Erfüllungsgehilfe der ÖVP sei in Sachen Ceta ohnehin die SPÖ, da das Abkommen in großen Teilen bereits von der Vorgängerregierung unter Kanzler Christian Kern auf den Weg gebracht worden ist, bemerkt ein Tiroler FPÖ-Bezirksparteivorsteher, der lieber anonym bleiben möchte.

Grundsätzlich habe es die SPÖ als Oppositionspartei leicht, die FPÖ zu kritisieren, sagt der FPÖ-Bürgermeister aus Oberösterreich: "Dabei hätte die SPÖ als Koalitionspartner genau wie die FPÖ gehandelt und Ceta abgesegnet."

"Es ist eine Wiener Angelegenheit, die eben auch in Wien entschieden wurde", sagt der oberösterreichische ´FP-Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner. "Außerdem ist der Zug ohnehin schon abgefahren, da alle Unterschriften bereits geleistet wurden." (Aloysius Widmann, 16.5.2018)