Toni Polster: "Absteigen ist immer bitter"

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Standard: Wie sehr leidet der Ex-Kölner Anton Polster mit dem abgestiegenen 1. FC Köln mit?

Polster: Ich fühle mit, ich leide mit. Ich hab immer noch viele Freunde in Köln, mir liegt der Verein und mir liegen die Leute dort sehr am Herzen. Das Publikum in Köln hat mich ja auch geliebt wie kaum einen anderen. Die Kölner haben mich in ihr Herz geschlossen und ich sie. Ich bin einer von ihnen, das ist so, das bleibt so.

Standard: Sie haben fünf Saisonen für Köln gespielt, am Ende ist der Verein erstmals in seiner Geschichte abgestiegen. Wie bitter war das, wie stark ist die Erinnerung daran?

Polster: Absteigen ist immer bitter, ganz egal wo. Damals hat sich der Abstieg lange abgezeichnet, das war seinerzeit eigentlich eine logische Entwicklung. Der Abgang von Torhüter Bodo Illgner hatte schon wehgetan, und dann hatten wir einfach immer weniger Qualität, vor allem defensiv. Köln hat Spieler geholt, die sonst keiner mehr wollte. Die Abwehr ist immer löchriger geworden. Und es war generell viel Unruhe im Verein.

Standard: Jetzt steigt der 1. FC Köln zum sechsten Mal ab. Wie intensiv haben Sie diese Saison mitverfolgt?

Polster: Ich bin ein Fußball-Verrückter, ein echter Junkie. Ich habe zumindest in der Zusammenfassung alle Köln-Spiele gesehen, einige auch in voller Länge. In der Rückrunde hat sich Köln nicht schlecht verkauft, aber die Hinrunde war nicht mehr wettzumachen.

Standard: Was sind in Ihren Augen die Gründe für den Kölner Abstieg?

Polster: Da erzähl ich sicher nichts Neues. Am Anfang war da die Doppelbelastung, die nicht verkraftet wurde. Und dann gab es einfach zu viele Ausfälle, phasenweise waren zwölf oder mehr verletzt. Da hätte ein Wunder passieren müssen, aber das Wunder ist nicht eingetreten. Das ist leider ein Riesenrückschlag, und das ist umso trauriger, als es zuvor unter Peter Stöger ja lange Zeit bergauf gegangen ist.

Standard: Wenn Sie an Ihre Kölner Zeit zurückdenken, fällt Ihnen wahrscheinlich nicht nur der Abstieg ein, sondern auch was?

Polster: Sondern auch sehr viel Schönes. Ich war zweimal ganz knapp am Torschützenkönig dran, 1994 hinter Yeboah und Kuntz, 1997 hinter Kirsten, beide Male hat nur ein Tor gefehlt. In der Saison 93/94 war ich einmal fünf Spiele gesperrt, wegen eines Allerweltfouls. Ohne diese Sperre hätte der Schützenkönig Toni Polster geheißen. Ich hab in Köln viele schöne Tore geschossen, und ich hatte Spaß an meinem Beruf. Das hatte ich aber immer.

Standard: Wissen Sie noch, wie Sie einmal einen Reporter auf den Arm genommen haben?

Polster: Legendär! Ich hab ihm gesagt, dass mir Köln mehr geboten hat, als ich verdienen wollte. Da hat er echt nachgefragt, ob ich das ernst meine, ich hab ihn dann einen "Blitzgneißer" genannt. Prinzipiell hab ich mich aber schon bemüht, nicht Wienerisch, sondern Hochdeutsch zu reden. Ich wollte nicht alles, was ich sage, zweimal wiederholen müssen.

Standard: Wenn es schlecht läuft, wird einem eine lockere Einstellung allerdings manchmal negativ ausgelegt.

Polster: Das kenne ich. Das war auch der Fall, als ich nach einer Niederlage einmal in Köln mit den "Thekenschlampen" aufgetreten bin. Der Auftritt war lange vorbereitet, und ich wollte sie halt nicht im Stich lassen. Ich war immer diszipliniert, ansonsten wäre ich nicht so lange Profi gewesen. Aber ein kreativer Beruf muss auch Spaß machen, und Fußballer zu sein, ist ohne Zweifel ein kreativer Beruf. Außerdem ist Lachen generell gesund.

Standard: Wann wird man in Köln wieder lachen können?

Polster: Ach, wissen Sie, die Kölner feiern einfach zu gerne. Wenn alles schief geht, dann feiern sie das Leben, dann feiern sie sich einfach selbst. Natürlich empfinden die Fans eine tiefe Liebe zum Verein, und die Zuneigung kann auch sehr flott abnehmen, wenn sie das Gefühl haben, dass auf dem Spielfeld nicht alles gegeben wird.

Standard: Wird Köln auf Anhieb den Wiederaufstieg schaffen?

Polster: Hoffentlich ist die finanzielle Basis da. Aber Köln weiß mittlerweile nicht nur, wie man absteigt, sondern auch, wie man aufsteigt. Das ist fast schon eine Aufzug-Mannschaft. (Fritz Neumann, 13.5.2018)