Die Polizei gab aus ermittlungstaktischen Gründen nur wenige Informationen frei – im Netz blühen nun Spekulationen

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Der Fund einer Kinderleiche in Wien-Döbling hat nicht nur zu zahlreichen Beileidsbekundungen, sondern auch zu einer Welle an Hasspostings geführt. Am Samstagfrüh wurde die Leiche eines siebenjährigen Mädchens entdeckt, das in der Nacht zuvor als abgängig gemeldet worden war. Am Sonntag bestätigte die Polizei, dass das Mädchen durch einen Stich in den Hals getötet worden ist. Aus kriminaltechnischen Gründen gab die Polizei keine weiteren Informationen bekannt.

"Echte Nazis leider ausgestorben"

Im Netz nehmen zahlreiche User den tschetschenischen Migrationshintergrund der betroffenen Familie zum Anlass, um ausländerfeindliche Kommentare abzusetzen. In der Facebook-Gruppe "FPÖ", mit der die gleichnamige Partei nichts zu tun haben will, wird etwa gefordert, dass das "Gesindel" heimgeschickt wird – gemeint ist die Familie des Opfers. Außerdem wird bedauert, dass "echte Nazis ausgestorben" seien. Diese hätten solche Gewalttaten verhindert, kommentiert ein rechtsextremer User.

Unhaltbare Spekulationen

Außerdem blühen zahlreiche Spekulationen auf, wonach die Tat etwa ein "Ehrenmord" gewesen sein soll. Dafür gibt es nach derzeitigem offiziellen Ermittlungsstand keine Indizien. Im Forum auf Krone.at fragt ein User, "was machen überhaupt die ganzen Tschetschenen bei uns?" – dieser mittlerweile gelöschte Beitrag bekam mehr als 1.090 "Daumen hoch". Auch in den Foren anderer Medien – auch auf derStandard.at – häufen sich derartige Meldungen.

Attacken auf Familie

Auch die Eltern der Familie werden attackiert, weil die Abgängigkeit des Mädchens um 23:30 bei der Polizei vermeldet wurde. Die Krone verbreitet in einem Artikel pure Spekulationen ihrer User wieder, indem sie Nutzer zitiert, die denken, dass "anscheinend niemand nach der Kleinen geschaut" habe. Dazu gibt es jedoch keine Informationen, die Polizei schweigt wie erwähnt aus kriminaltechnischen Gründen dazu. Laut "Kurier" und "Wien heute" (ORF) haben in den Stunden davor Nachbarn und Familienmitglieder auf eigene Faust Ausschau nach dem Mädchen gehalten.

Welle an Hass

Die Postings zeigen einmal mehr, wie rasch mittlerweile Kriminalfälle in sozialen Medien genutzt werden, um Falschmeldungen oder Hass zu verbreiten. Sobald ein Migrationshintergrund vorhanden ist, werden chronikale Meldungen zu Auslösern von rassistischen Kommentaren. Für Entsetzen sorgten etwa unzählige Hasspostings gegen das Wiener Neujahrsbaby, das Eltern mit Migrationshintergrund hat. (red, 13.5.2018)