Andreas Vosskuhle, Präsident des deutschen Verfassungsgerichtshofs, bei einer Urteilsverkündung 2017.

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Karlsruhe – Das deutsche Bundesverfassungsgericht prüft ab Mittwoch die Rechtmäßigkeit des Beitrags von derzeit 17,50 Euro monatlich. Seit 2013 wird eine einheitliche Abgabe pro Haushalt eingehoben – unabhängig davon, ob es sich etwa um eine Zweitwohnung handelt, um einen Single-Haushalt ohne Empfangsgeräte oder um eine Studenten-WG mit mehreren PCs, die auch Radio- und TV-Programme empfangen können.

Ansatzpunkt: Länder-Steuer

Wichtigster Streitpunkt: Den vier Klägern zufolge handelt es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Gebühr, sondern um eine Steuer, die die Länder mangels fehlender Kompetenz nicht erheben dürften. Zudem sei der Beitrag verfassungswidrig, weil er unabhängig von der Existenz von Empfangsgeräten in einer Wohnung erhoben werde.

Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich ist unumstritten. In seinem achten Rundfunk-Urteil von 1994 hatte Karlsruhe geurteilt, dass die Staatsfreiheit der Öffentlich-Rechtlichen auch durch eine "unabhängige Finanzierung" gesichert werden muss.

Die Frage, ob die monatlichen Zahlungen nun als "Gebühr" oder "Beitrag" zu werten sind, ist für weitere Klagepunkte womöglich von Bedeutung: Ein Beitrag ist im Gegensatz zu einer Gebühr im Grundsatz nicht an die Inanspruchnahme einer Leistung gebunden, allein die Möglichkeit dazu reicht aus. So rügen die Beschwerdeführer etwa die Erhebung des Rundfunkbeitrags für Zweitwohnungen als eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, da deren Inhaber nicht gleichzeitig in mehreren Wohnungen Rundfunk hören könnten.

Der Autovermieter Sixt klagte zudem gegen die Beitragsbemessung für Unternehmen nach der Anzahl der Betriebsstätten, Mitarbeiter und Firmenautos. Sixt zufolge würden Unternehmen mit vielen Filialen trotz einer degressiven Beitragsbemessung benachteiligt.

"Staatsferne Finanzierung"

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu verschieden Klagepunkten bereits eindeutige Urteile gefällt und etwa am 18. März 2016 die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung gebilligt. Die Gebühr solle "die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherstellen", heißt es dort zudem.

Dass die Rundfunkgebühr auch für Zweitwohnungen erhoben werden darf, entschieden die Leipziger Richter im Jänner vergangenen Jahres und verwiesen auf "Gründe der Praktikabilität", weil Ausnahmen aufwendige Ermittlungen nötig machten. Insgesamt listet die Homepage des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts in der Rubrik "Urteile und Beschlüsse" 82 Treffer zum Suchwort "Rundfunkbeitrag" aus.

Gleichwohl dürfte das Bundesverfassungsgericht die vier Klagen mit Blick auf Leipzig nicht einfach abschmettern. Die Verfassungshüter haben für die mündliche Verhandlung zwei Tage angesetzt. Für Beobachter ein Zeichen dafür, dass sie an das Thema inhaltlich "ran wollen" und weitere Pflöcke zu ihrer Rundfunk-Rechtsprechung einschlagen werden.

Es werden nicht die letzten sein: Beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ist unter dem Aktenzeichen C-492/17 eine Anfrage des Landgerichts Tübingen anhängig. Die Luxemburger Richter sollen entscheiden, ob es sich bei dem Beitrag um eine Subvention für ARD und ZDF handelt.

Beihilfenverhahren

Die EU-Kommission geht bei Rundfunkgebühren grundsätzlich von staatlichen Beihilfen aus, die nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sind. In den 1990er- und 2000-er Jahren führte die EU-Kommission Beihilfenverfahren zur Rundfunkfinanzierung gegen eine Reihe von europäischen Mitgliedsländern. Jenes gegen Österreich endete 2009 mit einem Kompromiss mit der Republik, der ins ORF-Gesetz von 2010 mündete. Er verlangt etwa eine unabhängige Kontrolle der Gebührenhöhe alle fünf Jahre und ihrer Verwendung durch die Medienbehörde KommAustria.

Österreich: Budgetfinanzierung statt Gebühren

Österreichs Bundesregierung von ÖVP und FPÖ plant, die GIS-Gebühren zu streichen und den ORF künftig aus dem Bundesbudget zu finanzieren. Der ORF, Medienwissenschafter, Oppositionspolitiker, aber auch der bürgerliche frühere ORF-Chefredakteur Werner Mück kritisieren die Budgetfinanzierung, sie erhöhe die politische Abhängkeit des ORF. Die Regierung hat auch zu diesem Thema eine Medienenquete am 7. und 8. Juni angesetzt. (APA, AFP, red, 12.5.2018)