Berlin – Wale, Seekühe und Robben gehören ganz unterschiedlichen Entwicklungslinien an – ein Beleg dafür, dass es ursprünglich landlebende Säugetiere mehrfach unabhängig voneinander zu einem Leben im Meer gezogen hat. Die aus heutiger Sicht wohl überraschendste Gruppe sind die Faultiere: Die brachten einst nicht nur Riesen bis zur Größe von Elefanten hervor, sondern auch semiaquatisch lebende Arten, die in Küstengewässern Wasserpflanzen abweideten.

Neues über diese ungewöhnlichen Tiere aus der Gattung Thalassocnus berichtet nun das Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung in Berlin. Forscher des Instituts untersuchten zusammen mit französischen Kollegen Thalassocnus-Knochen und stießen dabei auf eine Verdickung und Verdichtung von Schädelknochen, wie man sie noch bei keinem anderen Tier gefunden hat.

Anpassung ans Leben im Wasser

Vom späten Miozän bis ins frühe Pleistozän, also vor etwa vor etwa 8 bis 4 Millionen Jahren, lebten an der Westküste Zentralsüdamerikas verschiedene Faultierarten, die zwar nicht mit den gigantischen Riesenfaultieren mithalten konnten, aber immerhin die Größe von Schweinen erreichten. In der Pisco-Formation in Peru wurden Dutzende von Thalassocnus-Skeletten gefunden, mindestens fünf verschiedene Arten muss es gegeben haben.

Rippen sowie Arm- und Beinknochen weisen auf ein Leben als tauchende Meeresbewohner hin: Einige der sonst üblichen Hohlräume in den Knochen waren teilweise mit Knochengewebe ausgefüllt, was ihnen eine höhere Dichte verlieh. Die Knochen ihrer nächsten an Land lebenden Verwandten, der Riesenfaultiere, waren poröser und damit leichter.

Einzigartiges Merkmal

Nun gelang es den Forschern durch hochauflösende Computertomographie, auch die innere Schädelstruktur sichtbar zu machen. Dabei zeigten sich ungewöhnliche Eigenheiten. Der Schädel der meisten landlebenden Säugetiere – inklusive der heute noch lebenden Faultierarten – hat recht dünne Wände und umschließt Hohlräume im Stirn- und Nasenbereich, die Nebenhöhlen.

Bei den im Wasser lebenden Faultieren hingegen waren die Schädelwände verdickt und die Nebenhöhlen teilweise mit dichtem Knochenmaterial ausgefüllt. Außerdem umschließt bei den meisten landlebenden Säugetieren die Nasenhöhle die Nasenmuschelknochen – zarte Knochenröhren, die einzig dazu dienen, die Nasenschleimhaut zu stützen und den Austausch zwischen Atemluft und Blutkreislauf zu ermöglichen. Bei Thalassocnus hingegen waren selbst diese Knochen auffällig verdickt.

Einen erkennbaren Vorteil bietet die Verdickung der Nasenmuscheln laut den Forschern übrigens nicht. Sie vermuten daher, dass die Zunahme an Knochenmasse eine systemische Anpassung des gesamten Skeletts an das Leben im Wasser gewesen sein könnte. Zum Großteil war die Verdickung sinnvoll – die Schädelknochen zogen dann bei der Entwicklung einfach mit. (red, 13. 5. 2018)