Matthias Strolz bei der Pressekonferenz zu seinem Rücktritt am Montag.

Foto: Robert Newald

Es gibt auch andere Leute bei den Neos, tüchtige und kompetente Leute, mehr oder weniger bekannte Leute. Aber keiner und keine steht so sehr für die Neos wie Matthias Strolz. Er ist der Erfinder und Gründer, das Herz und das Hirn, der Bauch und das Rückgrat. Er ist die Neos. Und ohne ihn sind sie nicht mehr die Neos, wie wir sie gekannt haben. Sie sind nicht nichts, aber sehr viel weniger.

Strolz zieht sich aus der Politik zurück. Und ob man die Neos mag oder nicht, sie gewählt hat oder nicht – das ist zu bedauern. Strolz ist in der Innenpolitik eine herausragende Figur. Er ist authentisch wie kein anderer, manchmal ein wenig kauzig, er umarmt Bäume, schreibt Gedichte über die Kastanie, er ist emotional, zeigt Gefühle bis zur Selbstentblößung, pflegt eine bis zum Komischen blumige Sprache. Er ist konsequent, geradlinig und ehrlich, er ist ein interessanter und überraschender Gesprächspartner, kann auch zuhören. Und er ist – oder war – politisch sehr erfolgreich.

Strolz hat die Neos ins Parlament geführt, sie dort etabliert und für eine Verankerung in den Bundesländern gesorgt. Die Neos sind ein äußerst vitales Start-up mit einer starken Marke. Das ist zugleich ihre Schwachstelle: Die Marke ist ganz eng mit Strolz verbunden. Ist Strolz weg, ist auch die Marke weg. Ob das, was danach an Partei und Bewegung übrigbleibt, stark genug sein wird, um daraus eine nachhaltige politische Kraft abzuleiten, ist höchst fraglich.

Opposition

Die Neos haben auf der Oppositionsbank im Parlament keineswegs die Grünen ersetzt, auch wenn es einige inhaltliche Überschneidungen gibt. Das bedingungslose Einsetzen für Grundrechte, für die Würde des Menschen, das hat Strolz schon auch vorgelebt. Sein Einsatz für die Bildung – Stichwort: den Kindern die Flügel heben – ist fast schon legendär. Und die Neos sind eine wirtschaftsliberale Kraft, der der unfeine Duft des Neoliberalismus anhaftet. Das kann einem gefallen, muss aber nicht. Strolz hat dem allzu oft glatt gebürsteten Parlament gutgetan, gerade auch dann, wenn er selbst aus der Routine geriet und mit den Unwägbarkeiten, manchmal auch Ungeheuerlichkeiten der Politik zu kämpfen hatte.

Jedenfalls braucht gerade diese Regierung eine starke und funktionierende Opposition. Die Neos unter Strolz waren ein bestimmender Teil dieser Opposition. Die Grünen gibt es im Nationalrat nicht mehr, und ob ein Aufflackern des grünen Lämpchens wie gerade eben in Innsbruck ausreichen wird, um ein Comeback auf Bundesebene möglich zu machen, ist ungewiss. Die Liste Pilz sitzt jedenfalls im Nationalrat, noch ist dieses Politpflänzchen nicht zum Blühen gelangt. Und die SPÖ ist die SPÖ, behäbig wie eh und je.

Strolz verlässt Neos und Politik nicht nur deshalb, weil dort alles so schön gewesen ist und er wieder Pilot seines Lebens sein möchte. In seiner eigenen Partei gab es gerade auch angesichts der jüngsten Erfolge Graben-, Macht- und Richtungskämpfe, persönliche Kränkungen und Enttäuschungen. Die internen Auseinandersetzungen machten auch Strolz zunehmend zu schaffen. Wenn seine politischen Erben das Projekt Neos nicht im Eiltempo versenken wollen, werden sie einen Weg suchen und finden müssen, die Auseinandersetzungen dem gemeinsamen Willen zur Gestaltung unterzuordnen – was umso schwieriger wird, wenn jene Person fehlt, die alles und alle in ihrer Unterschiedlichkeit zusammengehalten hat. (Michael Völker, 7.5.2018)