Das mobile TAN-System brachte seinen Erfindern kein Glück.

Foto: Imago / Sven Simon

Wien – Wer heute Bankgeschäfte online erledigt, kennt das TAN-Verfahren via Handy gut. Um Aufträge zu unterschreiben, gibt man jenen Code ein, der einem in Echtzeit auf sein Handy geschickt wird. Dieses Verfahren gilt als sicher und ist Standard geworden. Dahinter tobt allerdings ein Megaverfahren um Patentverletzungen. Der Reihe nach:

Es ist 2002, als das oberösterreichische Unternehmen TeleTan dieses Zwei-Wege-Autorisierungsverfahren erfindet und sich das europaweite Patent dafür sichert. Ab 2003 wurde das Verfahren den heimischen Großbanken vorgestellt. Auch bei einem Bankenkongress wurde das TAN-System präsentiert. Das Interesse an der neuen Technologie, mit der die bis dahin üblichen TAN-Briefe ersetzt werden konnten, war groß. Immerhin ging es um zwei Aspekte, die für Banken nicht unerheblich sind: Kosteneinsparung (durch Wegfall der Briefwirtschaft) und Erhöhung der Sicherheit.

Abschlagszahlung

Geschäft, in Form von Lizenzverträgen, konnte TeleTan aber nicht auf den Boden bringen. "Es gab zwar viele Gespräche mit Verantwortlichen, etwa bei der Erste Bank und bei Raiffeisen", sagt TeleTan-Mitbegründer Bruno Steiner. Letztlich hätten sich die EDV- und IT-Abteilungen das System aber selber geschnitzt. Auf das Drängen von TeleTan nach Verträgen habe etwa die Raiffeisen die Gespräche eingestellt, die Erste Bank hat dem Unternehmen eine Abschlagszahlung in der Höhe von 15.000 Euro angeboten. Darauf wollte man sich bei TeleTan aber nicht einlassen – obwohl die Bank drohte, bei Nichtannahme des Geldes gegen das Patent zu klagen.

Diese Klage kam dann prompt. Das Verfahren vor dem Europäischen Patentamt in München zog sich von 2006 bis 2008. "Die Richter hebelten im erstinstanzlichen Urteil die Argumente der Banken aus und gaben uns recht", sagt Steiner, der als einzig verbliebener TeleTan-Mitarbeiter nicht aufgibt, um die Rechtsgrundlage zu kämpfen. Auch im Revisionsverfahren, das bis 2012 dauerte, bekam TeleTan recht. Das Patent wurde in vollem Umfang bestätigt. "Das war zwar schön, aber wir haben damit viel Zeit verloren", sagt Steiner. Mit dem Patent war man 2012 bereits zehn Jahre am Markt und hat noch keinen Euro damit verdient. Das ist bis heute so. Weder in Österreich noch in Deutschland oder anderswo in Europa zahlen Banken Lizenzgebühr für die Verwendung des Verfahrens.

In Österreich kam es nach der Patentbestätigung zu einem "moderaten Vergleich mit fast allen österreichischen Banken", sagt Steiner. Nur die Raiffeisen wollte sich diesem Vergleich nicht anschließen. Bei TeleTan beschloss man, zurückzuschlagen. 2014 wurde Klage gegen die RLB OÖ wegen Patentverletzung eingereicht. Das Verfahren läuft bis heute. "Obwohl mittlerweile ein vom Gericht bestellter Gutachter bestätigt hat, dass Raiffeisen mit dem Internetbanking das Patent verletzt, ist die Bank zu keinem Gespräch bereit", erklärt Steiner. Ein nächstes Treffen vor Gericht steht im Juni an.

Abgeblitzt

Schauplatzwechsel: Nach gescheiterten Gesprächen mit dem Spitzenverband der deutschen Kreditwirtschaft hat TeleTan 2015 – stellvertretend für alle deutsche Banken – die Sparda-Bank West in Düsseldorf verklagt. Im Jänner 2017 stellte das Landesgericht in Düsseldorf fest, dass die Bank das Patent verletzt, und forderte sie auf, Zahlung zu leisten. Die Bank berief, brachte nun ein Gutachten ein. Auch dieses Verfahren läuft daher noch. Selbst der Versuch der Sparda-Bank, auf zivilgerichtlicher Ebene eine Nichtigkeitsklage gegen das Patent durchzusetzen, scheiterte. Seither darf die Bank das TAN-System nicht mehr verwenden. Die Berufung läuft.

Gelingt mit der Sparda-Bank ein Präzedenzfall, könnte das Urteil auf andere Institute angewendet werden. Spät, aber doch müssten dann wohl alle Banken zahlen. (Bettina Pfluger, 7.5.2018)