Wien – Am 7. Juni startet am Landesgericht für Strafsachen der Mordprozess gegen einen Soldaten, der am 9. Oktober 2017 in einer Wiener Kaserne einen 20 Jahre alten Rekruten erschossen hat. Die Verhandlung wurde auf zwei Tage anberaumt. Das Urteil soll am 14. Juni fallen. Für den 22-Jährigen geht es bei einem anklagekonformen Schuldspruch um zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.

Der tödliche Schuss fiel im Ruheraum eines Wachcontainers. Der Angeklagte, der zunächst Erinnerungslücken geltend gemacht hatte, behauptete zuletzt, er hätte seinen schlafenden Kameraden wecken wollen. Dabei sei er gestolpert und hätte sich am Abzug seines Sturmgewehrs StG 77 festgehalten. Da habe sich ein Schuss gelöst. Das Projektil drang dem auf einer Pritsche Liegenden in den Kopf, der 20-Jährige starb an einer Hirnlähmung.

Widersprüchliche Angaben

Während Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger (Kanzlei Rifaat) nach wie vor an einen tragischen Schießunfall glaubt und von einem Fahrlässigkeitsdelikt ausgeht, unterstellt die Staatsanwaltschaft dem 22-Jährigen vorsätzliche Tötung. Sie verweist in ihrer Anklage auf die widersprüchlichen Angaben des jungen Mannes und vor allem auf die Ergebnisse ein Schießgutachtens.

Das lässt sich aus Sicht des Staatsanwalts mit der vom Angeklagten behaupteten Unfallversion kaum in Einklang bringen. Demnach hätte die am Tatort sichergestellte Patrone erkennbare Längsriefen aufweisen müssen, hätte sich die Tatwaffe – wie vom Angeklagten angegeben – selbst geladen, nachdem sie ihm aus der Hand gefallen sein soll. Solche Spuren konnte der Sachverständige jedoch nicht feststellen.

"Lebensfremd"

Als "lebensfremd und nicht nachvollziehbar" wird in der Anklageschrift die Schilderung des 22-Jährigen zum angeblichen Tathergang bezeichnet: "Im Hinblick auf die vollautomatische Funktion des StG 77 würde durch ein unkontrolliertes Betätigen des Abzuges wohl Dauerfeuer abgegeben werden."

Auch die Aussage des dritten Soldaten, der sich damals im Container befand, wurde von der Anklagebehörde herangezogen. Dieser will den Angeklagten stehend vor dem Bett des Getöteten gesehen haben. (APA, 4.5.2018)