Wenig überraschend wurden die Freiheitlichen auch heuer nicht zum übermorgigen Gedenken an die Befreiung der Naziopfer aus dem Konzentrationslager Mauthausen eingeladen. Seit sich in den Sechzigerjahren die Überlebenden darauf geeinigt hatten, Vertreter der FPÖ nicht einzuladen, haben diese dem Mauthausen-Komitee noch nie einen halbwegs überzeugenden Grund geliefert, von dieser Entscheidung abzugehen. Heuer ist die Situation verschärft – noch nie gab es einen triftigeren Grund, Strache und seine Mitgesinnungstäter von diesem Gedenken auszuladen, als in einer Zeit, in der ein freiheitlicher Innenminister die "Konzentration" von Flüchtlingen in Sammellagern befürwortet und ein freiheitlicher Asyllandesrat in Niederösterreich voranprescht, diese Forderung umzusetzen. Beide handeln übrigens unter der zumindest stillschweigenden, wenn nicht wohlwollenden Duldung der jeweils regierenden Volkspartei alias Liste Kurz.

Nie etwas anderes im Auge als das parteipolitische Kalkül, den Ruf des Rechtsextremismus und des Antisemitismus augenzwinkernd abzustreifen, ohne sich ausdrücklich davon zu verabschieden, rückte Generalsekretär Vilimsky mit dem scheinheiligen Verlangen aus, ein so wichtiges Gedenken sollte "fern von parteipolitischem Kalkül stehen". Er weiß natürlich, dass es bei diesem Gedenken keineswegs um Parteipolitik geht, sondern eben darum, eine Parteipolitik auszuschließen, die mit Appellen an rechtsextreme Instinkte ihrem parteipolitischen Kalkül folgend politische Geschäfte macht. Die Teilnahme am europäischen Rechtsextremistentreffen in Nizza wird Vilimsky von diesem Kalkül auch nicht geheilt haben.

Das Bedürfnis der Freiheitlichen, sich als späte Mauthausen-Opfer feilzubieten, war heuer etwas stärker ausgeprägt als sonst – verständlich, ist es doch noch peinlicher, als frisches Regierungsmitglied unerwünscht denn als Israel-Pilger nicht ernst genommen zu sein. Wenn es darum geht, mit allen Mitteln Respektabilität zu ergattern, warum nicht für ein paar Stunden in Mauthausen dabei zu sein? Es geht ja vorüber, und alles ist wieder, wie es im Liederbuch steht.

Nicht viele, aber einige Stimmen gab es, die die FPÖ in Mauthausen dabei haben wollten. Teils ehrenhafte, teils formalistische. Sich den Gräueltaten in den Konzentrationslagern zu stellen sei mit Überwindung und einem Schock verbunden, wie man sie gerade FPÖ-Politikern nicht ersparen dürfe. Dazu wäre zu sagen, dass FPÖ-Politiker jahrzehntelang Gelegenheit gehabt hätten, sich diesem Schock zu unterziehen. Aber entweder sie hatten keinen Bedarf, oder das Bedürfnis nach einer solchen Katharsis ist an einer Gesinnung abgeperlt, deren Ehre noch immer Treue ist.

Auch das Argument fiel, Freiheitliche stellten nun einmal Minister und sollten "kraft ihres politischen Amtes und der damit verbundenen Staatsverantwortung" zum antifaschistischen Gedenken zugelassen sein. Nur stellt sich Staatsverantwortung leider nicht automatisch mit einem politischen Amt ein. Andernfalls wäre es kaum möglich, dass man in Österreich eher zu einem politischen Amt zugelassen als zu einem KZ-Gedenken eingeladen wird. (Günter Traxler, 3.5.2018)