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Die Präsentation von Benjamin Netanjahu wurde zum Teil auch in Israel selbst belächelt. Es folgten keinerlei Beweise für ein aktives iranisches Atomwaffenprogramm oder auch nur ein Programm, das über das im Atomdeal Erlaubte hinausgeht.

Foto: AP Photo/Sebastian Scheiner

Das war es dann wohl mit dem iranischen Atomdeal. Die Präsentation des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu, deren Aufmachung zum Teil auch in Israel selbst belächelt wurde, hatte im Grunde einen einzigen Adressaten. Netanjahu wusste dem drohenden Einfluss des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel bei Donald Trump etwas Besonderes entgegenzusetzen. Sie hatten versucht, den US-Präsidenten bei ihren Besuchen dazu zu bewegen, am 12. Mai den Atomdeal mit dem Iran nicht aufzukündigen.

Trump ist ohne Zweifel empfänglich für eine solche Show. Ob es inhaltlich irgendetwas Neues gibt, das werden die Experten beurteilen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Geheimdienste Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands das Material schon kennen. Die Entscheidung der Regierungen dieser Länder, den Atomdeal erhalten zu wollen, hat es jedoch nicht geändert.

Vergangene Forschungsarbeiten

Netanjahu brachte zumindest bei dieser Präsentation keinerlei Beweise – er kündigte auch keine an – für ein aktives iranisches Atomwaffenprogramm oder auch nur ein Programm, das über das im Atomdeal Erlaubte hinausgeht. Kein rauchender Colt. Die Dokumentation bezieht sich auf vergangene iranische Forschungsarbeiten, auf jenes Programm, das die CIA als seit 2003 eingestellt bezeichnet hatte. Der Iran hat es nie offengelegt. Genau die Gefahr, dass der Iran mit wachsenden technischen Fortschritten doch noch in Richtung eines aktiven militärischen Programms gehen könnte, stand beim Entstehen des 2015 in Wien finalisierten Atomdeals Pate.

Länger als ein Jahrzehnt hatte man zuvor versucht, dem Iran alles zu untersagen, was mit Urananreicherung – die ja sowohl zivil als auch militärisch genützt werden kann – zu tun hat. Das wiederholte Scheitern der Verhandlungen und die gleichzeitigen Fortschritte des iranischen Atomprogramms brachten den Kompromiss von 2015 hervor, der dem Iran auf Jahre hinaus strenge Auflagen verordnet. Die er bisher nicht bricht. Skurrilerweise hat gerade der israelische Generalstabschef Gadi Eisenkot vor wenigen Wochen dem Atomdeal bescheinigt, dass er funktioniert. Da war der angeblich sensationelle Dokumentenfund schon lange in Israel.

Nachverhandlungen unwahrscheinlich

Es ist unwahrscheinlicher geworden, dass Trump seinem Freund zum Händchenhalten, Macron, den Gefallen tut und darauf vertraut, dass die Europäer den Iran dazu bringen, einige Punkte nachzuverhandeln. Der Eindruck täuscht wohl auch nicht, dass die Atomfront vor allem vorgeschoben ist: Man könnte sogar sagen, dass der wirkliche Krieg bereits begonnen hat. Es ist fast schon Routine, dass Ziele in Syrien angegriffen werden, die mutmaßlich etwas mit der iranischen Präsenz dort zu tun haben.

Netanjahu hat nun die beiden Fronten zusammengeführt: in der einen Nacht Militäraktionen, am Abend danach eine diplomatische Offensive.

Es gibt keine Bestätigungen, dass Israel hinter den jüngsten Raketenangriffen auf Anlagen bei Hama und Aleppo steht, theoretisch könnten es auch die USA mit ihren Verbündeten gewesen sein. Wer und was auch immer: Offenbar gibt es den Entschluss, dem wachsenden iranischen Einfluss in der Region einen Riegel vorzuschieben. Dazu wird zuvörderst auf das syrische Regime gezielt, aber auch immer mehr direkt auf Iraner. Und, Achtung Ironie, irgendwo dazwischen stehen auch noch ein paar Russen. (Gudrun Harrer, 1.5.2018)