Vor dem Krankenhaus legten Besucher Blumen für Alfie und seine Familie nieder.

Foto: Peter Byrne

London – Das sterbenskranke britische Kleinkind Alfie Evans, dessen Schicksal weit über die Grenzen Großbritanniens hinaus Mitgefühl geweckt hatte, ist tot. Der 23 Monate alte Bub sei in der Nacht auf Samstag im Krankenhaus in Liverpool gestorben, teilten seine Eltern mit. Sie hatten in einem monatelangen Rechtsstreit vergeblich versucht, eine Weiterbehandlung ihres Kindes zu erzwingen.

Das Beatmungsgerät des Buben war dann am Montag abgeschaltet worden. Ihrem Baby seien in der Nacht auf Samstag um 02.30 Uhr "Flügel gewachsen", schrieben Kate James und Thomas Evans auf Facebook. "Wir sind untröstlich. Wir danken allen für ihre Unterstützung."

Monatelanger Rechtsstreit

Der kleine Alfie war an einem seltenen, degenerativen Hirnleiden erkrankt und seit Dezember 2016 im Krankenhaus. Die Ärzte des Kinderkrankenhauses Alder Hey in Liverpool stuften den Fall als hoffnungslos ein und wollten die lebenserhaltenden Geräte abschalten. Dagegen setzten sich die Eltern juristisch zur Wehr. Sie zogen bis vor den Obersten Gerichtshof Großbritanniens und den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, unterlagen aber immer wieder.

Die Eltern wollten das Kleinkind schließlich zur Behandlung in ein Kinderkrankenhaus in Rom verlegen. Auch das verwehrte ihnen die britische Justiz.

Papst Franziskus persönlich hatte sich für den kleinen Buben eingesetzt und die Behandlung in dem vom Vatikan verwalteten Kinderkrankenhaus Bambino Gesu in Rom angeboten. Der 21-jährige Vater hatte den Papst im Vatikan getroffen und ihn um Hilfe gebeten. Die italienische Regierung verlieh Alfie die italienische Staatsbürgerschaft, um eine Verlegung zu erleichtern.

Papst "tief betroffen"

Nach dem Tod von Alfie zeigte sich der Papst "tief getroffen". "Heute bete ich besonders für seine Eltern", schrieb der Papst am Samstag auf Twitter. Gott habe den kleinen Alfie "in seine zärtliche Umarmung" aufgenommen.

Der Papst reagierte auf Twitter auf den Tod von Kleinkind Alfie.

Das Kinderkrankenhaus Alder Hey kondolierte auf seiner Website Alfies Familie: "Unsere Gedanken sind mit ihnen." Die Eltern durchlebten eine extrem schmerzliche Zeit. Die Privatsphäre der Familie, aber auch die der Mitarbeiter des Krankenhauses müsse gewahrt werden. Trauende legten vor der Klinik Teddybären und Blumen ab.

Petitionen und Mahnwachen

Der Fall fand wegen des öffentlichkeitswirksamen Engagements der Eltern weit über Großbritannien hinaus Beachtung. Hunderttausende Menschen unterstützten die Eltern in einer Petition, in den katholisch geprägten Ländern Italien und Polen wurden Mahnwachen abgehalten. Auch vor dem Kinderkrankenhaus in Liverpool versammelten sich immer wieder Unterstützer. Am Montag musste die Polizei eingreifen, als Protestierer in die Klinik eindringen wollten, das Krankenhauspersonal wurde im Internet beschimpft.

Nach der letzten Justizentscheidung in dem Fall versuchte Thomas Evans am Donnerstag, die Gemüter zu beruhigen. Er rief die Unterstützer auf, nach Hause zu gehen, und dankte den Klinikmitarbeitern für "ihre Würde und Professionalität". Er, seine Frau und das Krankenhaus wollten nach dem langen Rechtsstreit "eine Brücke bauen und sie überqueren." Das Krankenhaus appellierte am Samstag, die Privatsphäre der trauernden Eltern und des Klinikpersonals zu respektieren.

Parallelen zu Charlie Gard

Der Fall von Alfie erinnert an den von Charlie Gard. Charlie, der einen extrem seltenen Gendefekt hatte, starb im vergangenen Sommer nach monatelangem juristischen Tauziehen in einem Hospiz. Er wurde nur elf Monate alt. Dem Wunsch der Eltern, ihn für eine experimentelle Behandlung in die USA auszufliegen, hatten britische Gerichte bis zuletzt nicht entsprochen. Auch damals hatte sich der Papst eingeschaltet – und auch US-Präsident Donald Trump. (APA/AFP, red, 28.4.2018)