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Silvio Berlusconi (rechts) befürchtet, von Matteo Salvini (Mitte) fallengelassen zu werden. Links: Giorgia Meloni, Chefin der "Brüder Italiens".

Foto: Alessandro Di Meo/ANSA/AP

Normalerweise wird im Rest Italiens nicht groß zur Kenntnis genommen, wenn in der nordöstlichsten Region des Landes gewählt wird: Zu weit weg von Rom liegen das Friaul und Julisch-Venetien, zu klein und exotisch wirkt der nur 1,2 Millionen Einwohner zählende Landstrich an der Adria mit seinen vier Sprachen Italienisch, Deutsch, Slowenisch und Furlanisch. Doch am Sonntag blickt ganz Italien gespannt hin – denn die Wahl könnte die immer noch blockierte Regierungsbildung in Rom beeinflussen.

In der ehemaligen habsburgischen Hafenstadt Triest, der Hauptstadt der Region, regiert derzeit noch Debora Serracchiani von der Demokratischen Partei PD. Bei den Wahlen vom Wochenende dürfte der Kandidat der Lega von Matteo Salvini, Massimiliano Fedriga, einen Erdrutschsieg davontragen. Fedriga wird von dem Rechtsbündnis aus Lega, Silvio Berlusconis Forza Italia und den postfaschistischen Fratelli d'Italia (FdI) unterstützt, das am 4. März schon bei den nationalen Parlamentswahlen mit 37 Prozent der Stimmen stärkste politische Kraft geworden war. In Friaul-Julisch Venetien könnte Fedriga laut Umfragen bis zu 51 Prozent erreichen.

Geschwächter Berlusconi

Die Kandidaten des PD und von Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) dürften chancenlos sein. Mehr noch: Sowohl der PD als auch das M5S werden in der Region laut den Umfragen im Vergleich zu den Parlamentswahlen an Stimmen einbüßen. Innerhalb des Rechtslagers dagegen wird die Lega von Salvini gegenüber dem 4. März auf bis zu 33 Prozent nochmals kräftig zulegen – in erster Linie auf Kosten von Berlusconis Forza Italia, die unter die Zehnprozentmarke zu rutschen droht. Die Kräfteverhältnisse innerhalb des Rechtslagers dürften sich also nochmals stark zugunsten Salvinis verschieben.

Ein von der Wahl im äußersten Nordosten nochmals gestärkter Salvini könnte sich entschließen, mit dem angeschlagenen Berlusconi zu brechen – um mit den "Grillini" doch noch eine Regierung zu bilden. Einen Bruch mit Berlusconi hatte M5S-Spitzenkandidat Luigi Di Maio stets zur Bedingung für eine Regierungszusammenarbeit mit der Lega gemacht. Bisher hatte Salvini dies abgelehnt. Beflügelt durch einen Erdrutschsieg in Friaul-Julisch Venetien könnte Salvini aber an Berlusconis Forza-Italia-Parlamentarier eine Art Übernahmeangebot richten – um dann mit den "Grillini" einen Regierungspakt zu schließen.

Gespräche mit PD

Noch sind dies reine Spekulationen – Salvini hat am Freitag einmal mehr betont, dass das Rechtslager geeint bleiben werde. Doch derartige Beteuerungen sind kaum das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind – das hat die nunmehr seit fast zwei Monaten andauernde Tragikomödie um die Regierungsbildung in Rom inzwischen gelehrt. Offiziell verhandelt Di Maio in diesen Tagen mit der Mitte-links-Partei PD über eine gemeinsame Regierung – auch bei diesen Gesprächen lässt sich kaum sagen, wie ernst sie geführt werden und welche Erfolgsaussichten sie haben. Es ist möglich, dass die Wahl in Friaul-Julisch Venetien Klarheit schaffen wird. (Dominik Straub aus Rom, 29.4.2018)